Institut für Kulturpolitik der Kulturpolitischen Gesellschaft (Hg.)
Jahrbuch für Kulturpolitik 2012
Thema: Neue Kulturpolitik der Länder
Das Institut für Kulturpolitik in Bonn gibt nun schon zum zwölften Mal in Folge sein schwergewichtiges Jahrbuch heraus. Das Thema dieser Ausgabe ist ein kulturpolitischer Dauerbrenner, zu dem man eigentlich jedes Jahr ein neues Kompendium publizieren könnte: Es geht um die neue Kulturpolitik der Bundesländer. Gleich mehrere Kultusminister kommen mit ihren Vorstellungen, Leitlinien oder Projekten zu Wort. Allein das macht das Buch schon lesenswert, selbst wenn man unterstellen muss, dass diese Beiträge maßgeblich von den Fachabteilungen der jeweiligen Ministerien verfasst wurden. Allerdings: Minister gehen, Abteilungsleiter bleiben.
Worum geht es im Einzelnen? Einleitend werden Grundlagen und Entwicklungstrends der jüngeren Landeskulturpolitik in Deutschland beschrieben. Wie steht es um die Kulturpolitik und das Kulturentwicklungskonzept in Niedersachsen? Welche Wirkungen entfaltet heute noch Artikel 35 des Einigungsvertrags, wonach die kulturelle Substanz der neuen Bundesländer keinen Schaden nehmen darf? In weiteren Rubriken geht es um neue Programme und Konzepte, kulturelle Bildung, Kultur- und Kreativwirtschaft, Kulturentwicklungsplanung und Kulturkonzepte, die Regionalisierung von Kulturförderung, Zukunftsentwürfe und Leitlinien, spartenbezogene Konzepte (z. B. für Museen oder Theater und Orchester), Kulturstatistik und Kulturwissenschaft sowie die Ausblicke über die Grenzen nach Österreich und in die Schweiz.
Aus der Vielzahl der Beiträge seien einzelne besonders hervorgehoben: Ulrike Blumenreich beispielsweise liefert eine interessante Bestandsaufnahme zu den Kulturbestimmungen in den einzelnen Länderverfassungen sowie zu aktuellen oder geplanten Kulturförder- oder Kulturfachgesetzen. Nachdem das sächsische Kulturraumgesetz von 1994 lange ein Solitär war, ist jetzt auch in Nordrhein-Westfalen ein Kulturfördergesetz in Planung. Elke Harjes-Ecker, Abteilungsleiterin im Thüringer Kultusministerium, beschreibt die Auswirkungen und Herausforderungen des demografischen Wandels, hier insbesondere des Bevölkerungsrückgangs, für die Kulturpolitik in den neuen Bundesländern. Das 2012 veröffentlichte Kulturkonzept des Landes soll dabei die Grundlage für zukünftige überregionale Kulturentwicklungsplanungen bilden.
Während die meisten Beiträge, fachlich oder politisch motiviert, eher nüchtern geschrieben wurden, fällt der Beitrag von Rita Gerlach-March als erfrischend kritisch, aber durchaus angemessen aus dem Rahmen: Unter der Überschrift Der letzte Vorhang? beschreibt sie, wie im Land Mecklenburg- Vorpommern nunmehr seit mehreren Jahren heftig über die Zukunft der Theater und Orchester gestritten wird. Wer sich mit Kulturpolitik und -finanzierung auf Kommunal- und Landesebene befassen muss, wird im Jahrbuch für Kulturpolitik 2012 zahlreiche Anregungen und Argumente finden.
Gerald Mertens