Uwe Mitsching
INGOLSTADT: Der Herbst der Harfe
Das Georgische Kammerorchester mit überzeugendem Solisten
Meist links hinten im Orchester, allein, höchstens zu zweit – da tut es der „Konzertharfe“ gut, wenn sie in den Mittelpunkt rückt: zum Beispiel nach sieben Jahren beim ARD-Wettbewerb, aber auch beim Georgischen Kammerorchester Ingolstadt mit einem ganzen Abend für „Harp and Strings“. Und das nicht mit der üblichen Harfenistinnen-Dominanz, sondern mit dem russisch-schweizerischen Solisten Alexander Boldachev. Wer den gut Dreißigjährigen, der aussieht wie zwanzig, bis jetzt nicht kannte, hat etwas versäumt: Mit fünf Jahren stand er schon auf der Bühne, hat komponiert, 2020 war sein Debütantenkonzert in der Carnegie Hall, eben zurück von einer Welttournee durch 25 Länder und mit 91 Konzerten. Jetzt beim zweiten Abonnementskonzert des Georgischen Kammerorchesters gelang ihm ein Triumph: mit seinem modernen Pedal-Instrument, nicht dem gewohnt golden glänzenden Monstrum, sondern grau lackiert und rot geflammt. Das einst auf einer Europatournee in Deutschland verbliebene georgische und längst im Ingolstädter Exil etablierte Orchester, das hier zwischen Nürnberg und München seit Jahrzehnten einen musikalischen Meilenstein setzt, hat mit Boldachev eine zukunftsweisende Entdeckung gemacht. Wenn er penibel gestimmt hat, spielt er in eleganter Phrasierung, gelegentlich geradezu kapriziös und prononciert in allen dynamischen Varianten ein Händelkonzert (HWV 294), vom Georgischen Kammerorchester auch ohne Dirigenten in allen memorablen Details zuverlässig begleitet.
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