Debussy, Claude

Images / Danses / La Mer

Rubrik: CDs
Verlag/Label: hänssler classic 93.067
erschienen in: das Orchester 09/2005 , Seite 91

Auf intensives Betreiben von Heinrich Strobel wurde das Orchester bald nach Kriegsende schon 1946 gegründet; heute kann es auf eine fast 60-jährige Geschichte sehr erfolgreichen Wirkens zurückblicken. Erster Chefdirigent war der unvergessene Hans Rosbaud, der nicht nur auf höchstem Niveau Maßstäbe für Orchesterarbeit setzte, sondern Nachkriegsdeutschland mit der Musik der so genannten Klassiker der Moderne wie Hindemith, Strawinsky, Bartók und Schönberg bekannt machte; zudem erwarb er sich unschätzbare Verdienste durch exzellente Aufführungen von Werken damals junger Komponisten wie beispielsweise Messiaen, Bernd Alois Zimmermann, Stockhausen und Ligeti. Die nach dem Krieg neu gegründeten Donaueschinger Musiktage wurden vor allem durch Rosbaud und sein Orchester zu einem Weltzentrum der Neuen Musik.
Wie Rosbaud präsentierten die nachfolgenden Chefdirigenten ein breites Repertoire, an dem die Musik des 20. Jahrhunderts immer einen angemessen hohen Anteil hatte. Nach Bour, Kord und Gielen übernahm 1999 mit Sylvain Cambreling zum zweiten Mal ein Franzose diese Position. Er hat mit verschiedenen Orchestern schon eine beträchtliche Anzahl von CDs produziert und dabei Werke von so unterschiedlichen Komponisten wie z.B. Berlioz, Debussy, Feldman, Gounod, Janác?ek, Lachenmann, Messiaen, Mozart und Offenbach eingespielt.
Die hier vorgelegten Kompositionen stammen aus Debussys so genannter mittlerer Periode; alle drei Werke schrieb dieser im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts, nachdem er durch die Uraufführung seiner Oper Pelléas et Mélisande 1902 an der Pariser Oper berühmt geworden war. Debussy hatte sich im angesprochenen Zeitraum in starkem Maß orchestral besetzten Werken zugewandt, zu denen auch einige kleinere Stücke für ein Soloinstrument mit Orchester gehören. Die beiden Danses pour harpe et orchestre d’instruments à cordes bilden eines davon; sie entstanden 1904 im Auftrag der Firma Pleyel für einen Wettbewerb. Die junge Soloharfenistin des Orchesters, Ursula Eisert, spielt ihren Part mit Souveränität und hoher Musikalität.
In „Ibéria“, dem dreisätzigen Mittelteil der Images (1906-1909), bezog Debussy spanische Elemente in seine Klangbilder ein. Er tat dies auch in anderen Stücken auf so überzeugende Weise, dass Manuel de Falla seiner Bewunderung dafür in einem Text über Debussys Klavierstück La Soirée dans Grenade mit den Worten Ausdruck verlieh: „Die Kraft der Beschwörung grenzt ans Wunderbare, wenn man bedenkt, dass diese Musik von einem Fremden geschrieben wurde, den allein die Vision seines Genies leitete.“ Die beiden „Ibéria“ umrahmenden Sätze, „Gigues“ und „Rondes de printemps“, sind weniger bekannt, verdienen aber eine viel höhere Beachtung.
Zwischen 1903 und 1905 schrieb Debussy mit La Mer – Trois esquisses symphoniques eines der bedeutendsten sinfonischen Werke überhaupt, ein Wunder an thematischer und rhythmischer Struktur, an Farben und raffiniertem Klangsinn; dies Stück bildet das Hauptwerk der vorliegenden CD.
Die in den Jahren 2001 und 2004 im Konzerthaus Freiburg entstandenen Einspielungen werden Debussys großartigen Werken in jeder Hinsicht gerecht. Das SWR Sinfonieorchester unter Sylvain Cambreling bietet eine durch und durch überzeugende Darstellung dieser Sinfonik; auch in großer Besetzung wird mit kammermusikalischer Transparenz musiziert. Zudem ist die hohe Qualität nicht nur der Solobläser zu konstatieren. Bemerkenswert sind auch die treffenden, liebevoll geschriebenen Einführungstexte, die Rainer Peters für das dreisprachig gehaltene Beiheft beigesteuert hat.
Das SWR Sinfonieorchester zeigt mit dieser CD, dass es nichts vom hohen Niveau der Rosbaud-Zeit eingebüßt hat. Die Aufnahme beweist einmal mehr, welch eine bedeutende Rolle Rundfunkorchester in Deutschland einnehmen, und wie wichtig es für das Kulturleben ist, sie vollständig zu erhalten und zu fördern.
Peter Roggenkamp

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