Im Takt der Zeit
125 Jahre Berliner Philharmoniker, einzigartige Momente auf 12 CDs, mit Begleitbuch
125 Jahre sind für ein Orchester, zumal für ein deutsches, eigentlich kein Alter. Ensembles wie die Sächsische Staatskapelle Dresden oder das Staatsorchester Kassel können da nur milde lächeln. Doch auch das Orchester, das in diesem Jahr sein 125-jähriges Bestehen feiert, hat gut lachen. Denn trotz ihrer vergleichsweise noch jungen Gesichte stehen sie heute an der Spitze der Orchesterliste: die Berliner Philharmoniker.
Das Schaffen des Orchesters ist in ungezählten Aufnahmen, darunter zahlreiche, die sich als Referenzaufnahmen etabliert haben, so gut dokumentiert, wie es bei kaum einem anderen Orchester der Fall ist. Wenn nun die Berliner Philharmoniker zum ersten Mal in ihrer Geschichte eine eigene CD-Edition herausgeben, ist man erstaunt darüber, wie viele musikalische Perlen es noch gibt, von denen man erwartet hätte, dass sie schon früher dem interessierten Publikum zugänglich gemacht worden wären. Das Eigenarchiv und jenes des Rundfunks jedoch sind so überreich gefüllt mit Erstklassigem, dass man wahrscheinlich mühelos noch eine weitere Edition herausgeben könnte. Im Takt der Zeit besteht aus zwölf CDs, auf denen gewissermaßen an entscheidenden musikalischen Wegmarken die Historie des Orchesters nachzuvollziehen ist. Zu hören sind selbstverständlich Aufnahmen mit sämtlichen Chefdirigenten der Philharmoniker (außer Bülow) sowie anderen großen Dirigenten, die dem Orchester häufig über längere Zeit eng verbunden sind bzw. waren: Daniel Barenboim, Nikolaus Harnoncourt, Kurt Sanderling, Erich Kleiber, Sergiu Celibidache, David Oistrach und Jascha Horenstein.
Nicht alle Aufnahmen dieser CD-Edition setzen Maßstäbe, dafür aber kann man beispielsweise Dirigenten mit Werken erleben, die für ihr Repertoire eher ungewöhnlich sind. Auch manche Ausgrabungen (z.B. Debussys Jeux mit Celibidache, 1948) und Raritäten sind mit Begeisterung zu entdecken. Emotional bewegend und von dokumentarischem Wert sind Aufnahmen wie die vom Maueröffnungskonzert am 12. November 1989 oder vom Eröffnungskonzert der Berliner Philharmonie am 15. Oktober 1963 (Beethovens Neunte, dirigiert von Karajan).
Alles in allem eine großartige Sammlung, die nicht nur die Entwicklung der Berliner Philharmoniker, sondern auch allgemein die der Spiel- und Klangkultur der Orchester im 20. Jahrhundert und nicht zuletzt wesentliche historische Ereignisse dokumentiert.
Ulrich Ruhnke