Im Arm der Liebe Loves Embrace
Orchesterlieder von Joseph Marx, Walter Braunfels, Erich Wolfgang Korngold und Hans Pfitzner
Ein reizvolles, weil ausschließlich aus Raritäten bestehendes Programm bieten Juliane Banse und Münchens erstes Orchester, wenn es um Repertoirevielfalt und musikalischen Anspruch geht, und dieses Programm wird in perfekter Qualität dargeboten. Einen herrlichen Strauß binden die Musiker unter der Leitung Sebastian Weigles.
Banse, besonders gut in unbekannterem und schwierigem Repertoire, hält die sieben Orchesterlieder des Grazers Joseph Marx wohltuend frei von flachem Effekt, lässt vielmehr ihre Stimme im bestmöglichen Sinne erblühen; neben wunderbaren Jubeltönen weiß sie eine Vielzahl an Farbnuancen zu erzeugen und weiß so auch ihre nicht ganz so stark ausgeprägten ganz tiefen Register effektvoll einzusetzen. Ihre Opernerfahrung kann sie hier klug einsetzen das sind keine Miniaturen mit Klavier mehr, das sind kleine Dramen, mal eher lyrisch, mal dramatisch gestaltet durch die Sängerin und das delikat, nie unangenehm überdeckende Orchester in bester Partnerschaft. Die Aufnahmetechnik und das Münchner Rundfunkstudio helfen bei der Gestaltung eines warmen, sorgsam austarierten, klaren Gesamtklangs.
Kommt Marx gelegentlich fast nonchalant daher, so sind die vier Orchesterlieder aus op. 9 (1911) von Erich Wolfgang Korngold ernsterer Natur, in denen Banse besonders auch ihre Pianokultur entfalten kann. Stets vorbildlich ist ihre Textverständlichkeit eine Qualität, die heute doch viel zu häufig in den Hintergrund geraten ist.
Die Konkurrenzeinspielung der Drei chinesischen Gesänge op. 19 von Walter Braunfels (1914) überflügelt sie durch nicht nur kluge Gestaltung und sorgsam ausgearbeitete Textgestaltung, sondern auch durch bewussten Klangfarbeneinsatz, der auch im Orchesterpart intelligent aufgegriffen wird. So erhalten wir hier eine Art (gar nicht so exotistisch-chinesisches) kleines Gesamtkunstwerk.
1977 nahm Dietrich Fischer-Dieskau in München eine Langspielplatte mit Orchesterliedern Hans Pfitzners auf die hier von Banse vorgelegten fünf Lieder ergänzen die vierzig Jahre alte Produktion kongenial, nicht nur weil sich keinerlei Duplizierung ergibt, sondern vor allem auch, weil Banse von der musikalischen Intelligenz und vokaldramatischen Gestaltung keinerlei Vergleich scheuen muss. Vielleicht am spannendsten von den Pfitzner-Liedern ist Venus mater op. 11 Nr. 4, unter dem Titel Wiegenlied (Träume, träume, du mein süßes Leben) weitaus bekannter in der Vertonung von Richard Strauss (ebenso wie Strauss Waldseligkeit weitaus bekannter ist als Marx Vertonung des gleichen Textes).
Insgesamt haben wir hier also eine rundum gelungene Einspielung, bei der nur der Booklettext leider etwas abfällt (dem auch die Gesangstexte fehlen).
Jürgen Schaarwächter


