Zelenka, Jan Dismas
Il serpente di bronzo
Zu Lebzeiten hoch gepriesen, von der Nachwelt sträflich vergessen selbst dieser Klassiker unter den Komponistenschicksalen greift bei Jan Dismas Zelenka zu kurz. Denn der 1679 in Böhmen geborene und 1745 in Dresden gestorbene Bach-Zeitgenosse erlangte, auch als er sich noch bester Gesundheit erfreute, nie die Stellung, die der Qualität seiner Kompositionen angemessen gewesen wäre.
In Launowitz geboren, war Zelenka in erster Linie am berühmten Dresdner Hof tätig wo er sich freilich zurückgesetzt fühlen musste: Er war lediglich als Kontrabassist tätig und für die katholische Hofkirchenmusik zuständig, durfte zwar den Kapellmeister Johann David Heinich vertreten musste bei der Neubesetzung jedoch hinter dem aufstrebenden Johann Adolf Hasse zurückstehen.
Auch aus diesem Grund komponierte Zelenka fast nur Kirchenmusik und trieb in seinen letzten Lebensjahren die Kontrapunktik des altehrwürdigen Palestrina-Stils bis zur expressiven Verdichtung des Ausdrucks, würzte sie zugleich mit dem Farbenreichtum des modernen Orchestersatzes und der sinnlichen Freude des neapolitanischen Opernstils. Die Werke des Böhmen tragen eine eigene Prägung und können durchaus neben die Kompositionen Bachs, Händels oder Telemanns treten.
Im Jahr 1730 erhielt Zelenka erstmals die Gelegenheit, ein Karwochenoratorium für den Dresdner Hof zu schreiben. Es entstand in Zusammenarbeit mit dem Dresdner Hoflibrettisten Pallavicini das bedeutende und in der dramatischen italienischen Tradition stehende Oratorium Il serpente di bronzo (Die Bronzeschlange), das nun, eingespielt vom tschechischen Ensemble Inégal, erstmals auf CD vorliegt. Offenbar war das in der Dresdner Landesbibliothek gelagerte Manuskript des Werks lange Zeit unbeachtet geblieben.
Worum geht es in der Bronzeschlange? Das Volk Israel ist auf der Flucht aus Ägypten der Verzweiflung nahe, da befiehlt Gott Moses, eine bronzene Schlange zu gießen und an seinem Stock zu befestigen. Wer immer die Schlange ansieht, soll gerettet werden. Zelenka komponiert zu dieser Geschichte sprühende, energische Arien und Chöre, er lässt sogar Gott selbst auftreten. Doch im Vordergrund steht die kunstvolle und eindrückliche Gestaltung der Klage und des Gebets wie es sich für ein Oratorium zur Karwoche gehört.
Mit Hana Blaz?ikowá, Petra Noskaiová, Peter Kooij, Alex Potter und Jaroslav Br?ezina ist für diese Aufnahme ein durchaus bemerkenswertes Solistenensemble gewonnen worden, das den Maßstäben bekannterer Originalklang-Ensembles gewachsen ist. Lediglich die unteren Männerstimmen wirken bisweilen blass. Das von Adam Viktora geleitete Ensemble Inégal macht deutlich, dass historische Aufführungspraxis auf hohem Niveau inzwischen auch in Tschechien zu Hause ist.
Leider ist das Booklet dieser Produktion trotz kompetenter Begleittexte etwas nachlässig gestaltet: Solistenbiografien und Angaben über das Ensemble (das übrigens die deutsche Version seiner Homepage überarbeiten lassen sollte) fehlen, der Text des Oratoriums ist zwar abgedruckt, doch werden die Fassungen in verschiedenen Sprachen nicht nebeneinander gestellt. Aber das ist angesichts des Repertoirewerts dieser Aufnahme zu verschmerzen.
Johannes Killyen