Teodulo Mabellini
Il fiume. Scherzo
Heitere Fuge in a-Moll für Streichquartett, Partitur und Stimmen
Kennen Sie Teodulo Mabellini? Nein? Macht nichts, ich kannte ihn bisher auch noch nicht! Die Edition Dohr fördert immer wieder in Vergessenheit geratene Preziosen aus der Romantik zu Tage und beschert uns jetzt Il fiume. Scherzo mit dem Untertitel Heitere Fuge für Streichquartett. Dieser Herr Mabellini war in seiner Zeit ein bedeutender und weithin anerkannter Meister. Er gehörte zu den zwölf Komponistenkollegen, die Giuseppe Verdi 1868 einlud, mit ihm zusammen gemeinschaftlich eine Totenmesse für den gerade verstorbenen Rossini zu schreiben, die 1869 zum 1. Todestag des Meisters uraufgeführt werden sollte (wozu es aber nicht kam, sodass die Missa per Rossini erst 1988, also über 100 Jahre später, erstmalig erklang übrigens in Stuttgart).
Geboren wurde Teodulo Mabellini am 2. April 1817 in der Nähe von Florenz. Sein Vater war Musiker und Instrumentenbauer und vermittelte dem Filius erste musikalische Grundkenntnisse, Auftakt zu einer soliden Ausbildung, die Mabellini 1841 als Meisterschüler von Saverio Mercadante abschloss. In der Folge arbeitete er vor allem als Dirigent und prägte u.a. als Leiter des Teatro della Pergola in Florenz maßgeblich die musikalische Szene in seiner Heimatstadt und darüber hinaus in ganz Italien. Mabellini setzte sich tatkräftig für die neue Musik seiner Zeit ein, führte zahlreiche sinfonische Werke ausländischer etwa deutscher, österreichischer oder französischer Komponisten erstmalig in Italien auf und leistete einen bedeutenden Beitrag dazu, diese Musik fest und auf Dauer in italienischen Konzertprogrammen zu etablieren.
Als Komponist hinterließ er ein recht umfangreiches uvre. Wir zählen allein neun Opern. Daneben schuf er vor allem Sakralmusik: Messen, Kantaten, Oratorien, zahlreiche einzelne Ordinariumssätze, aber nur sehr wenig reine Instrumentalmusik. Das vorliegende Scherzo aus dem Jahr 1870 ist sein einziges Stück für die Besetzung Streichquartett. Mabellini schrieb diese kontrapunktische Fingerübung wohl als Präsent für einen befreundeten Geiger.
Man pflichtet Guido Johannes Joerg gerne bei, der im Nachwort schreibt: Die Komposition, die einen fließenden, strömenden Fluss darzustellen vorgibt, ist ein kunstvoll gearbeitetes kontrapunktisches Meisterwerk, das auf kleinem Raum alle Techniken der Fugenkomposition durchexerziert und diese mittels eines einprägsamen, initial akzentuierten Themas auch beim bloßen Höreindruck deutlich erkennbar macht. Das Ganze klingt flüssig und italienisch-spritzig, weit entfernt von jener krachledernen Handwerklichkeit, die manche weniger geglückte Fuge (und davon gibt es viele) auszeichnet.
Ich könnte mir gut vorstellen, dass dieses hübsche Scherzo Platz im Repertoire etablierter Quartettensembles findet, sei es als Zugabe oder als Programmergänzung.
Die vorliegende Ausgabe, die Stimmen und Partitur vereint, ist sorgfältig editiert, enthält ein informatives Nachwort, einen peniblen Kritischen Bericht sowie den Faksimile-Abdruck der ersten Partiturseite von Mabellinis Manuskript.
Herwig Zack