Willi, Herbert
“Hello” and “See you again” für Bläserquintett
Partitur und Stimmen
Das rund 15-minütige Bläserquintett von Herbert Willi hat einen launigen Titel, für den es in allen Kulturen der Welt idiomatische Entsprechungen gibt: Hallo und Auf Wiedersehen sind konventionelle Phrasen, die ganze Geschichten einrahmen können, die sich bei Begegnungen zwischen zwei oder mehreren Personen entwickeln.
So vielschichtig und international wie der kryptische Titel ist auch die Anlage der sechs kurzen Sätze, die der österreichische Komponist als Auftragswerk für das Kusatsu International Music Festival in Japan schrieb und die ebenda im Sommer 2008 durch das Ensemble Wien-Berlin ihre Uraufführung erlebten.
Gleich im Eröffnungssatz, gewissermaßen einer Begegnung von Fagott und Klavier (!), sprengt der Komponist die Besetzung des konventionellen Bläserquintetts, wobei der Klavierpart von einem der freien Bläser gespielt werden soll. Neben eingängig swingenden Rhythmen sind hier vom Fagottisten auch ruhige Passagen mit experimentellem Obertonspiel zu gestalten. Den zweiten Satz dominiert die Flöte, die über weite Strecken solistisch dem Vogelklang angenähert in den höchsten Tönen tiriliert. Zum Beginn des folgenden Satzes greifen alle Stimmen diesen Gestus auf, um dann bald in statischere Klangflächen und leisestes Pianissimo zu münden. Aus diesem Ruhepunkt in der Mitte des Stücks schwingt sich im vierten Satz die Oboe mit lyrischen Kantilenen auf, und nach einem Klarinettensolo folgt eine von jeder Stimme frei zu gestaltende Passage, die durch die zahllosen Möglichkeiten der Kombinationen in jeder Aufführung zu anderen interessanten klanglichen Resultaten führen kann. Im fünften Satz dann macht der Komponist einerseits sehr detaillierte Angaben zur Ausführung der einzelnen Stimmen, indem er z.B. vier verschiedene Arten von Fermaten bezeichnet; andererseits ermuntert er die Interpreten in der Spielanweisung auch hier wieder zur individuellen Gestaltung bestimmter Abschnitte. Hohe Anforderungen an die Virtuosität der einzelnen Musiker sowie an die Synchronisation des Zusammenspiels stellt der Finalsatz, der durch den Wechsel von minimalistischen Staccatoakkorden und ausschweifenden Arpeggien besticht.
Dieses Werk kann nicht vom Blatt gespielt werden, sondern muss in den Proben von souveränen und experimentierfreudigen Musikern gemeinschaftlich konzipiert und erarbeitet werden. Die heitere Grundstimmung der Komposition freilich lässt immer ein leichtes Augenzwinkern erkennen, das in der Aufführung hörbar sein sollte; dann werden Musiker und Zuhörer gleichermaßen viel Spaß an diesem Werk haben.
Bernd Distelkamp