Schramm, Holger (Hg.)
Handbuch Musik und Medien
Dass wir in einem Medienzeitalter leben, ist ein ebensolcher Gemeinplatz wie der, dass Komposition und Rezeption von den Medien geprägt werden. Doch angesichts der rasanten digitalen Medienentwicklung und der durch sie veränderten Produktions- und Konsumtionsverhältnisse entsteht das Bedürfnis nach Orientierung. Dem entspricht Holger Schramm mit einem veritablen Handbuch, das ein breites Spektrum von Musik und Medien bearbeitet. In 20 Artikeln erörtern 25 Experten zentrale Aspekte der Medialität, die in fünf Themenkreisen historische, technische, ökonomische, soziale, ästhetische und kulturelle Perspektiven vermitteln: Anfänge der medialen Übermittlung (Geschichte und Entwicklung der medialen Darstellung und technischen Schallaufzeichnung), Musik in auditiven und audio-visuellen Medien (Musik in Radio, Hörspiel, Film, Fernsehen, Internet und Computer), Musik in nicht-auditiven Medien (Musikjournalismus, Musikzeitschriften, Plattencover und Plakate, Musik in der Literatur des 20. Jahrhunderts), Komposition und Produktion von Musik unter dem Einfluss von Medien (Musiktheater, Neue Musik, U-Musik, Klangkunstformen) und Ergänzende Perspektiven (intermediale und interkulturelle Aspekte, Medienkonvergenz).
Die einzelnen Beiträge sind klar und leserfreundlich strukturiert und spiegeln den aktuellen Forschungsstand. Insbesondere die Texte zum Musikjournalismus, die Übersicht über die vielen Musikjournale und Magazine, die Darstellungen zur Musik in Hörspiel, Film und Fernsehen, die technischen Erklärungen zu Komposition und Klangerzeugung mit Hilfe elektronischer Medien sowie die Nutzung von Internet und Computer bei der Musikproduktion und in medialer Klangkunst sind höchst lesenswert und aufschlussreich. Es liegt in der Natur der Sache, dass der Bereich der populären Musikformen oft stärker im Vordergrund steht und gelegentlich die klassischen Formen überdeckt (z.B. bei der Betrachtung der Plattencover und Konzertplakate); dafür sind die technischen Informationen zu Internet und Computertechnologien umso aufschlussreicher. Den einzelnen Beiträgen kann man insgesamt ein hohes wissenschaftliches Niveau bescheinigen; nur vereinzelt erscheint ein Beitrag wissenschaftsterminologisch überladen oder ließe ein sorgsameres Lektorat wünschen.
Der Informationsgehalt eines Handbuchs hängt nicht nur am wissenschaftlichen Ertrag der einzelnen Beiträge, sondern auch daran, wie leicht sich Informationen auffinden lassen. Hier erfüllt das Register eine wichtige Funktion, indem es die Stichworte nicht an allen Textstellen nachweist, sondern sich auf die Hinweise beschränkt, an denen sachgerechte Erklärungen zu finden sind. Es ist zuverlässig, aber längst nicht vollständig; etliche Begriffe und Namen aus dem Text fehlen (z.B. solche wie Adorno, McLuhan, Schafer, Zimmermann). Vielleicht wäre angesichts der vielen medientechnischen Termini ein Glossar hilfreich gewesen. Insgesamt bietet das solide aufgemachte Handbuch Musikern und Musikhörern, Wissenschaftlern und Laien kompetente Sachinformation und einen umfassenden historischen wie systematischen Überblick.
Wilfried Gruhn