Michael Pitz-Grewenig

HAMBURG: Aufgelöst in Musik

NDR Elbphilharmonie Orchester und NDR Vokalensemble ehren Luigi Nono

Rubrik: Bericht
erschienen in: das Orchester 6/2024 , Seite 59

Auf die Frage „Wer oder was hätten Sie sein mögen?“ antwortete Luigi Nono einst: „Der Tübinger Turm, um Hölderlin zu hören.“ Das sagt viel über diesen Komponisten aus, um den es in den letzten Jahren still geworden ist. Luigi Nono wäre am 29. Januar 100 Jahre alt geworden. Aufführungen seiner Werke sind rar, was vielleicht nicht nur darin begründet liegt, dass seine Kompositionen an die Ausführenden wie Zuhörer oft exorbitante Anforderungen stellen, sondern auch in der politischen Haltung dieses überzeugten linken Humanisten, Antifaschisten und Kommunisten. Sein Komponieren war bestimmt von einem tiefen Wissen um die Traditionen, von der scharfsichtigen Bezugnahme auf die Themen unserer Zeit und auf alltagskulturelle Erscheinungen – und von einer großen handwerklichen Meisterschaft. Während die künstlerische Avantgarde nach 1945 radikal mit der Vergangenheit brach (Stichwort: „Stunde Null“), ging es Nono um die Auseinandersetzung mit Vergangenheit und Gegenwart. Er war ein Unangepasster, der mit seiner Ironie, seiner politischen Haltung und seinen Zweifeln an den Konventionen nicht so recht ins Schema passen wollte. Der überzeugte linke Humanist setzte mit seinen Kompositionen, oft unter Verwendung von literarischen Texten, starke inhaltliche und musikalische Zeichen. „Aufrichtig, ehrlich, oft verlegen, bescheiden. … Von anderen habe ich Technik gelernt, von Nono die Ethik, ohne die jede Technik sinnlos ist“, urteilte der Komponist Konrad Boehmer über seinen Freund.

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