Bährens, Christian

Händels Utrechter Te Deum

Geschichte – Musik – Interpretation

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Unibuch, Lüneburg 2013
erschienen in: das Orchester 01/2014 , Seite 71

Der Frieden von Utrecht, der den Spanischen Erbfolgekrieg beendete, war ein Ereignis von weltgeschichtlicher Bedeutung. Doch nicht nur den Historikern ist das Ereignis, dessen 300. Jahrestag 2013 gefeiert wurde, im Bewusstsein geblieben. Auch Musikern und Musikologen ist dieses Datum präsent, denn für die Siegesfeiern in St. Paul’s in London komponierte Georg Friedrich Händel sein erstes großes geistliches Werk in englischer Sprache: das Utrechter Te Deum und Jubilate. Es war zugleich sein erstes Auftragswerk für die englische Krone. Passend zur Dreihundertjahrfeier von Friedenschluss und Händels Werk hat der Musiker und Musikwissenschaftler Christian Bährens eine ausführliche Monografie zum Utrechter Te Deum vorgelegt, die Druckfassung seiner Dissertation von 2011 an der Universität in Bydgoszcz (ehemals Bromberg) in Polen.
Bährens hat sich als Dirigent des Wilmersdorfer Kammerchors auch praktisch mit Händels Partitur beschäftigt. Wie er im Vorwort zu Recht schreibt, ist das Werk bisher in der Händel-Literatur nicht allzu intensiv behandelt worden und auch Aufführungen in Kirche oder Konzertsaal sind bislang eher rar. Dieses Buch, das also eine Lücke in der Händel-Bib­lio­gra­fie füllt und Anregung zur vermehrten Beschäftigung mit dieser Musik sein sollte, ist mehr als eine akademische Abhandlung. Es ist eine ausführliche und in ganz verschiedene Richtungen gehende Auseinandersetzung mit Händels Werk, dessen Hintergrund, Rezeption und Aufführungspraxis. Da der Autor dabei immer wieder grundlegende Sachverhalte klar und allgemeinverständlich aufgreift und erklärt, hilft das Buch auch dem interessierten Laien, sich ein Bild von Faktur und historisch informierter Wiedergabe spätbarocker Musik zu machen.
Christian Bährens hat sehr gründlich gearbeitet, hat viel Material und Literatur aufgearbeitet und verwendet. Er bringt neben der Analyse des Notentextes des Utrechter Te Deums auch Kapitel zu Händels Wirken in England sowie zu dessen anderen und seiner Zeitgenossen Vertonungen des Gotteslobs. Sehr spannend ist der Teil zur Rezeptionsgeschichte, der u.a. einen Vergleich zwischen Händels Original und der Bearbeitung von Johann Adam Hiller bringt.
Die Abschnitte zur Aufführungspraxis sind nicht nur für das Utrechter Te Deum, sondern auch für andere Werke Händels oder ganz allgemein solche des frühen 18. Jahrhunderts relevant, sodass das Buch zur instruktiven Lektüre für alle mit barocker Musik beschäftigten Dirigenten, Kantoren, Sänger und Instrumentalisten wird. Schließlich ist der grafisch schön gestaltete Band auch ein wertvoller Beitrag zur Interpretationsgeschichte, weil der Autor sehr genau auf die bis dato erschienenen und greifbaren Einspielungen des Utrechter Te Deums eingeht.
Ein kleiner, aber folgenreicher Fehler findet sich auf der letzten Seite: Die Internetseite des Autors lautet richtig: www.christian-baehrens.de.
Karl Georg Berg