Wersin, Michael

Händel & Co.

Die Musik der Barockzeit

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Reclam, Stuttgart 2009
erschienen in: das Orchester 06/2009 , Seite 63

Es ist ein Buch zum Händel-Jahr 2009 – und doch sowohl weniger als auch mehr. Der Titel Händel & Co. stellt zwar einen direkten Bezug zu dem vor 250 Jahren gestorbenen Meister her, doch der Untertitel „Die Musik der Barockzeit“ verweist sogleich auf mehr. Nun ist der handliche Band von Michael Wersin, seines Zeichens Kirchenmusiker, Musikwissenschaftler und Musikjournalist, in der Tat weder eine Händel-Monografie noch eine musikgeschichtliche Gesamtdarstellung der Zeit vom Ende des 16. bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts. Der Autor greift vielmehr Teilaspekte aus dem Schaffen von acht wichtigen Barockkomponisten heraus und stellt sie in abgeschlossenen Beiträgen vor. Dabei reicht der Bogen von Gesualdo über Monteverdi und Schütz weiter zu Purcell und Buxtehude und schließlich zu Vivaldi, Bach und Händel. Letzterer ist mit drei Beiträgen – zu dessen Italienreise, zum Opernkomponisten und zum Schöpfer der Oratorien – vertreten, Bach mit zweien – zum einen seine Anfangsjahre, zum anderen sein Wirken als Konzertkomponist betreffend.
Natürlich sind damit zentrale Protagonisten der Barockmusik vertreten und werden damit viele heute mehr denn je gespielte Werke dieser Zeit angesprochen, doch die Franzosen fehlen völlig. Lully und Rameau gehören zu einem halbwegs geschlossenen Eindruck des musikalischen Barocks aber ebenso wie Georg Philipp Telemann, der womöglich vielfältigste und am weitesten in neue musikalische Zeiten voran schreitende von allen.
Doch es ist ja wohl eher die Absicht des Autors, einem breiten Publikum ausgewählte Hör- und Verständnishilfen zum Gegenstand der Barockmusik zu geben, als einen Überblick über die Epoche zu liefern. Wersin schreibt auf jeden Fall ebenso sachkundig und detailgenau wie locker und verständlich. Er findet einen ansprechend munteren, nie trocken belehrenden Ton, der den Leser dennoch fundiert auf eine Reise in die fernen Zeiten des musikalischen Barocks mitnimmt.
Eingeflochten in den Text sind an entsprechender Stelle CD-Tipps, die den Leser über besonders gelungene Einspielungen der angesprochenen Werke informieren und Orientierungshilfe auf dem mittlerweile ja auch im Bereich der Barockmusik kaum mehr überschaubaren Plattenmarkt geben. Dabei greift Michael Wersin immer wieder auf Aufnahmen bei kleineren Labels zurück und erwähnt nicht nur die „Global Players“ der Szene. In dieser Hinsicht gibt das Buch gewiss auch einschlägigen Alte-Musik-Freunden und -Kennern neue Anregungen.
Überhaupt ist es anregend für Liebhaber der Barockmusik und solche, die es werden wollen, das Buch zu lesen: um Neues zu erfahren oder um sich schon einmal Gehörtes oder Gelesenes in einer anschaulichen und lebendigen Weise einmal wieder bewusst zu machen.
Karl Georg Berg