Braun, Ilja

Grundeinkommen statt Urheberrecht?

Zum kreativen Schaffen in der digitalen Welt

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Transcript, Bielefeld 2014
erschienen in: das Orchester 07-08/2014 , Seite 67

Die Antwort auf die Frage „Grundeinkommen statt Urheberrecht?“ gibt der Verfasser in seinem Buch etwas versteckt auf Seite 148: Bedingungsloses Grundeinkommen ist nicht als Alternative zum Urheberrecht gedacht. Es geht auch nicht um ein Grundeinkommen nur für Künstler. Alle Mitglieder der Gesellschaft sollen die Möglichkeit einer freien, selbstbestimmten Tätigkeit haben. Das bedingungslose Grundeinkommen werde unabhängig davon gezahlt, ob die Betroffenen arbeiten oder nicht. Das soll aus Steuergeldern finanziert werden. Man bräuchte 863 Milliarden Euro im Jahr, um jedem Bürger 1000 Euro Grundeinkommen im Monat zu zahlen. Die Steuersätze müssten dafür deutlich steigen. Der Verfasser sagt selbst am Ende, dass ein bedingungsloses Grundeinkommen derzeit realpolitisch völlig utopisch ist. Allerdings müsste die Situation der Urheber verbessert werden. Ein richtiger Schritt wäre es, die vertragsrechtliche Position der Urheber gesetzlich zu stärken, weil die gewünschte Stärkung durch die Urheberrechtsnovelle von 2002 in der Praxis nicht ausreichend verwirklicht werde.
Wie der Untertitel des Buchs sagt, handelt es besonders vom kreativen Schaffen in der digitalen Welt. Hier zeigt der Verfasser umfangreiche Insiderkenntnisse. So beschreibt er etwa, wie durch Cloud Computing und TPM Chips geistiges Eigentum geschützt werden könne. Für Wissenschaftler auf dem Gebiet der Medien kann die Darstellung und Bewertung der verschiedenen Vorschläge und Theorien eine interessante Lektüre sein. Andere Leser werden sich mit vielen theoretischen Begriffen schwer tun, etwa hinsichtlich der Klarstellung, dass Öffentlichkeit nicht von selbst entsteht: „Vielmehr sind dafür Mechanismen nötig, die es ermöglichen, den Input der zahllosen Teilnehmer zu clustern, seine unterschiedliche Relevanz zu bewerten und repräsentative von rein individuellen Stimmen zu unterscheiden. Eine Öffentlichkeit bedarf also kuratorischer Instanzen, es muss Aggregatoren geben, die ihre Vielfalt redaktionell sichten und strukturieren.“
Dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk könne zukünftig die Aufgabe im Netz zuwachsen, nicht nur Inhalte zu produzieren, sondern Angebote zu machen, die dem Charakter einer neuen, dialogischen Öffentlichkeit Rechnung tragen. Das Internet sei das beste Medium für eine solche dialogische Öffentlichkeit.
Wolfgang Spautz