Diabelli, Anton

Grande Sonate brillante

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Hänssler PH04085
erschienen in: das Orchester 05/2005 , Seite 87

Heute dürfte Anton Diabelli seine Bekanntheit zu einem Gutteil den Diabelli-Variationen Beethovens verdanken, die dieser über dessen Walzerthema komponiert hat. Über Diabellis Aufruf, für seine Sammlung jeweils eine einzelne Variation beizusteuern, war Beethoven bekanntermaßen weit hinausgegangen. Der geachtete Komponist und erfolgreiche Musikverleger Diabelli hatte sein musikalisches Handwerk bei Michael Haydn erlernt. In Wien betätigte er sich zunächst einmal als Lehrer für Klavier und Gitarre. Der intensive künstlerische Austausch mit dem italienischen Gitarrenvirtuosen Mauro Giuliani, der 1807 nach Wien gekommen war, hatte Diabelli zu einer Vielzahl von Werken für Sologitarre und Kammermusik für Gitarre in Verbindung mit Klavier angeregt.
Zusammen mit einigen vierhändigen Klavierwerken hat das Ensemble „Salzburger Hofmusik“ nun einen Ausschnitt dieses Schaffens vorgelegt. Die Besetzung der „Salzburger Hofmusik“ – als Spiritus Rector zeichnet seit der Gründung des Ensembles im Jahr 1991 der Pianist und Salzburger Mozarteumsdozent Wolfgang Brunner verantwortlich – richtet sich nach den gegebenen Erfordernissen. Hier nun agieren unter diesem Ensemblenamen neben Wolfgang Brunner die Pianistin Leonore von Stauss und der Gitarrist Klaus Jäckle. Beide studierten am Mozarteum in Salzburg. Sie alle finden für Diabellis gefälligen musikalischen Duktus lebendig und spannungsreich durchgestaltete interpretatorische Lösungen. Die klangliche Mischung von Hammerflügel (ein Instrument von Ignaz Besendorfer aus dem Jahr 1835) und Gitarre erweist sich dabei als ungemein apart. Manchmal klingen die parallel geführten Stimmlinien der beiden Instrumente wie ein spezieller Registerzug des Hammerflügels, was es ja seinerzeit durchaus gab.
Zentrales Werk dieser Einspielung ist Diabellis Grande Sonate brillante d-Moll op. 102, deren Kopfsatz es Wolfgang Brunner und Klaus Jäckle erlaubt, auch einmal zu einem dramatischeren Gestus auszuholen. Sehr differenziert geht Klaus Jäckle die Solostücke (darunter ein Trauermarsch auf den Todt des Herrn Michael Haydn (…) op. 20 und die Sonate C-Dur op. 29/1) für Gitarre an. Innerhalb seiner ausdrucksmäßig und dynamisch variablen Tongebung, mit der er voller Inspiration dem Charakter der Musik nachspürt, wahrt er stets eine saubere Intonation und eine geschmeidige, ebenmäßige klangliche Linie, und er vermag zudem die unvermeidlichen Griffgeräusche weitgehend zu unterdrücken.
Die vierhändigen Klavierwerke (darunter auch die Sonate d-Moll op. 163/6) verstehen Wolfgang Brunner und Leonore von Stauss konturenreich zu profilieren. Sie gehen an diese Werke mit spritziger Eleganz (die im Diskant allerdings manchmal auch eine gewisse Härte annimmt), aber auch mit warmer Empfindung heran, sie wissen deren Duktus rhythmisch aufzurauen, ihn aber auch weich zu glätten, und sie finden zu lebendigen Wechseln der Beleuchtung und zu einer feinsinnigen agogischen Belebung. Und ganz am Schluss dieser Einspielung klingt dann auch das kleine Stück noch an, das den Namen Diabelli im Gedächtnis haften bleiben ließ, sein Walzer, mit dem er seine Kollegen zu Variationen desselben aufgerufen
hatte.
Thomas Bopp