Weber, Carl Maria von

Grand Quatuor

für Klavier, Violine, Viola und Violoncello B-Dur WeV. P.5, Partitur und Stimmen

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Schott, Mainz 2013
erschienen in: das Orchester 10/2013 , Seite 70

Nachdem Webers großes Klavierquartett im Rahmen der Carl-Maria- von-Weber-Gesamtausgabe erschienen war, legte Herausgeber Markus Bandur nun jüngst die wissenschaftlich fundierte, praktische Ausgabe mit dem Stimmenmaterial vor. Auch über 200 Jahre nach der Komposition (zwischen 1806 und 1809) sind die genauen Kenntnisse der Umstände seiner Entstehung noch unzureichend. Weber selbst spielte seit der Mannheimer Uraufführung am 2. April 1810 bis in die 1820er Jahren hinein den sehr virtuosen Klavierpart selbst. Im Gegensatz dazu sind die übrigen Stimmen leicht zu bewältigen, sodass man zu Recht beinahe von einem kammermusikalischen Klavierkonzert in Begleitung dreier Streicher sprechen kann. Webers zunächst irreführende Bezeichnung des „Cembalo“ resultiert „aus der parallelen Verwendung des Französischen und Italienischen“. Obwohl im Deutschen die moderne Bezeichnung „Piano-Forte“ den älteren Ausdruck schnell verdrängt hatte, überdauerte dieser insbesondere im Italienischen teilweise bis in die 1830er Jahre hinein.
Obwohl die Quellenlage übersichtlich ist – es existiert nur die von 1809/10 stammende, autografe Partiturreinschrift –, so erscheint diese trotzdem „nicht unkompliziert“, da das Kompositionsmanuskript und eine weitere Reinschrift als verloren gelten. So weisen Erstdruck und Autograf „einige signifikante Ergänzungen auf“, was auf die aktive Mitwirkung Webers am Druck schließen lässt, der in den Korrekturabzügen möglicherweise „teilweise substanzielle Änderungen“ vorgenommen hatte. Welche aber vom Herausgeber stammen, lässt sich nicht eruieren. Hinzu kommen noch Webers stellenweise unpräzise Handschrift sowie „Nachlässigkeiten und Inkonsistenzen von artikulatorischen, dynamischen und spielpraktischen Angaben“, was die Edition nicht immer eindeutig werden ließ. Und so sind nun die auf den Erstdruck zurückgehenden Textbestandteile „durch runde Klammerung oder durch Sternchen gekennzeichnet, um dem Interpreten eine eigene Bewertung […] zu ermöglichen. […] Eckige Klammern zeigen Zusätze des Herausgebers.“
Weitere Erklärungen und wichtige Angaben zur Edition (unter den Rubriken „Zum Problem der Akzentsetzung auf überbundenen Noten im Klavier“ und „Anmerkungen zur autographen Stichvorlage“) wie Einzelheiten, die in den Anmerkungen zum Notentext dokumentiert sind, sind dem ausführlichen und zweisprachig verfassten Vorwort zu entnehmen, das von einer sehr genauen Recherche und einer bemerkenswert fundierten Arbeit des Herausgebers zeugt. Nun ist es aber keineswegs so, dass der Notentext dadurch überfrachtet erscheint und sich der Interpret des Klavierparts durch das Dickicht von Erklärungen schlagen muss. Hiervon bleiben die Streicher übrigens gänzlich unberührt. Bei Unstimmigkeiten bei der Dynamik, der undeutlichen Bogensetzung oder bei Widersprüchlichkeiten und Irrtümern Webers wird mit einer Fußnote dezent auf das Vorwort verwiesen. Notenbild und Satzspiegel entsprechen heutigen Ansprüchen und sind in exzellenter Weise und vorbildlich gesetzt.
Werner Bodendorff