Lindberg, Magnus

Gran Duo

for Woodwind and Brass, Partitur

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Boosey & Hawkes, London 2005
erschienen in: das Orchester 11/2006 , Seite 90

Magnus Lindberg ist der wohl arrivierteste finnische Komponist unserer Zeit. Er wurde 1958 in Helsinki geboren und studierte zunächst an der Sibelius-Akademie bei Einojuhani Rautavaara und Paavo Heininen Komposition. Weitere Anregungen suchte er dann bei Vinko Globokar und Gérard Grisey in Paris sowie bei Franco Donatoni in Italien. Ihn einer Stilrichtung zuordnen zu wollen, muss fehlschlagen, da er eine ganz eigene Handschrift gefunden und verschiedene stilistische Entwicklungen durchschritten hat. Sein bevorzugtes Terrain sind Orchesterwerke, hier kann sich sein ausgeprägter Klangsinn, gepaart mit dem Streben nach Opulenz, am besten entfalten.
In der Komposition Gran Duo, die als Auftragswerk für die Milleniumsfeier für das City of Birmingham Symphony Orchestra entstanden ist, legt er sich allerdings selbst eine kleine Beschränkung auf, indem er auf die Streicher und das Schlagzeug des Orchesters verzichtet und bewusst nur die Bläser agieren lässt. Er stellt den Holzbläsern, die mit drei Flöten, zwei Oboen, Englischhorn, drei Klarinetten, Bassklarinette, zwei Fagotten und Kontrafagott besetzt sind, eine Blechbläsergruppe mit vier Hörnern, drei Trompeten, drei Posaunen und Tuba gegenüber. Wie Lindberg schreibt, verkörpern diese Gruppen in Verbindung mit dem motivischen Material zu Beginn das Maskuline und Feminine.
In dem zwanzigminütigen Werk, das mit einem markanten Naturruf-Motiv beginnt, das im weiteren Verlauf die Form bestimmt, entsteht ein vielseitiger und farbiger Dialog zwischen den beiden Orchestergruppen. Diese bedienen sich dabei nur der traditionellen Spieltechnik. Das motivische Material des Gran Duo wird überwiegend durch Terzen, Quinten und Sekunden bestimmt und beschränkt sich auf einen engen Ambitus.
Ziel der Komposition ist die Annäherung und Verschmelzung der beiden Orchestergruppen. In diesem Prozess, bei dem es gegen Ende große Klangballungen, aber keine dramatischen Aktionen gibt, bleibt der Klang der Gruppen durch den registerartigen Einsatz sehr homogen, Solostellen gibt es nur im letzten Drittel des Gran Duo für die Bassklarinette und das Horn.
Lindbergs Partitur ist formal klar strukturiert. Sie besteht aus einem dichten, sich ständig im Tempo verändernden Netz aus musikalischen Gesten, die einem variativen Verfahren unterworfen werden. Klanglich bevorzugt Lindberg einen ausgewogenen, etwas dunkel gefärbten Klang, der bei den Blechbläsern von den Hörnern dominiert wird.
Heribert Haase