Agostino Poli
Gran Concerto
für drei Violoncelli und Orchester
Die vorliegende Notenausgabe des Grand Concerto stellt eine einzigartige Neuentdeckung unter den Werken des württembergischen Hofmusikers Agostino Poli (1739-1819) dar. Einzigartig nicht nur deshalb, da es sich dabei überhaupt um die erste Notenedition eines seiner Werke handelt, sondern auch aufgrund der außerordentlichen Besetzung für drei Solocelli.
Wie Herausgeber Johannes Sturm nachweist, war der aus Neapel stammende Poli bereits seit 1775 Konzertmeister an der Hohen Karlsschule in Stuttgart und damit für den Unterricht der dortigen Violoncelloklasse verantwortlich. Dementsprechend wird die Entstehung des Konzerts zeitlich auf die Jahre zwischen 1774 und 1782, dem Antrittsjahr Polis als Hofkapellmeister, geschätzt.
Ebenso konnte der Herausgeber durch detaillierte Quellenarbeit die Solocellisten näher bestimmen, für die das Tripelkonzert zunächst intendiert war. Neben den beiden Cellisten Johann Kauffmann (1759-1834) und Ernst Häussler (1761-1837) war es der später als Komponist bekannt gewordene Johann Rudolph Zumsteeg (1760-1802), der eine der beiden schwierigeren ersten Solostimmen übernahm.
Dass das Tripelkonzert als Schülerkonzert konzipiert wurde, zeigt sich im unterschiedlichen Schwierigkeitsgrad der Solostimmen. Während die ersten beiden Solocelli ähnlich virtuos komponiert wurden, hält sich das dritte Solocello abgesehen von einigen solistischen Einwürfen als Bassstimme im Hintergrund.
Dennoch erhalten die Solocelli größtmögliche Aufmerksamkeit: Der Aufbau des Konzerts folgt zwar dem damals gängigen Prinzip des Wechsels zwischen Solo- und Tutti-Abschnitten, wobei jedoch die groß besetzten Tutti-Abschnitte (mit Streichern, zwei Flöten, zwei Oboen, zwei Hörner und einem Fagott) äußerst kurz gehalten sind. Damit wird den solistischen Fähigkeiten deutlich mehr Raum zugestanden.
Ungewöhnlich sind die ausgeschriebenen Kadenzen in allen drei Sätzen, wobei eine Staffelung der Schwierigkeit vom ersten Solocello hin zum dritten Solocello zu beobachten ist. Interessanterweise nimmt auch das Fagott dabei eine tragende Rolle ein und könnte stünde nicht der Zusatz à Tre Violoncelli im Manuskript zu den Soloinstrumenten gezählt werden.
Quellenfundort der Partitur ist die Württembergische Landesbibliothek, welche das fehlerbehaftete und häufigen Korrekturen unterzogene Manuskript beherbergt. Umso mehr besticht die Edition durch ein vorzüglich ausgearbeitetes Lesartenverzeichnis, eine sauber aufgearbeitete Partitur sowie zwei Faksimiles des Manuskripts. Einziges Manko der Ausgabe ist das Fehlen beiliegender Einzelstimmen für eine spielpraktische Ausgabe. Diese könnten jedoch sicher über den Verlag angefragt werden.
Da sich das klassische Repertoire für Solocello eher überschaubar präsentiert, dürfte das Werk gerade durch die unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen der Solostimmen auch für Laien interessant sein. Im Zuge dieser gelungenen Edition kann mit hohen Erwartungen gehofft werden, dass bald auch Polis kammermusikalische Werke in kritischer Edition erscheinen.
Sonja Erhardt