Goldfinger

Rubrik: CDs
Verlag/Label: HeBu Records HR CD 2008/01 Bestellnr. 82938
erschienen in: das Orchester 10/2010 , Seite 79

Ein aus Streicherinnen des Philharmonischen Orchesters der Stadt Heidelberg, eines B-Orchesters, gebildetes Quartett nennt sich „Philharmonic Stars“ und veröffentlicht eine CD unter dem Titel Goldfinger. Eine solche Konstellation ist geeignet, rasch Vorurteile hervorzukitzeln. Doch gilt es zu prüfen.
Diese CD enthält zwölf Titel: drei iranische und zwei ungarische Volkslieder, ein irisches und ein amerikanisches Traditional, zwei französische Chansons, zwei Tangos und eine – eben nur eine – Filmtitelmusik, die als Titelgeberin der CD auf eine falsche Fährte führt. Die Auswahl bildet kein Programm, ist eine Ansammlung von Encores. Gemeinsam ist allen Stücken die Bearbeiterin Mahasti Kamdar, die die erste Violine spielt. Sie stammt aus dem Iran und betreibt eine Domain, die sich nicht öffnen ließ, ebenso funktionierte bei meinen Computern auch die Homepage des Quartetts nicht.
John Barrys Musik zu Goldfinger, eine der erfolgreichsten Bond-Melodien, wird durch die Quartett-Besetzung geadelt, jedoch bleibt fraglich, warum gerade diese Musik mit einem Streichquartett gespielt wird. Tico Tico wird zu langsam genommen, ebenso El Choclo: Diese Interpretationen sind brav, nicht virtuos, intonatorisch nicht immer zufriedenstellend. Hier fehlen auch im Arrangement Witz und Esprit. Klangschön und sauber kommen die Chansons daher. Zu selten werden stiltypische Spielweisen und Klangfarben eingesetzt, am ehesten mit den offenen Saiten im amerikanischen Dusty Miller und den Glissandi im ungarischen The four corners of my handkerchief. Am interessantesten sind die iranischen Lieder, über die mehr Informationen wünschenswert wären. Stattdessen wartet das nur aus einem doppelseitigen Faltblatt bestehende Booklet allein mit nicht vorteilhaften Fotos sowie biografischen Hinweisen der Spielerinnen auf. Die Quellen bleiben unerwähnt, sogar die Originaltitel der ungarischen Melodien bleiben ein Geheimnis.
Die Instrumente sind linear aufgenommen, mit Hall wird behutsam umgegangen. Dieses Album besitzt kein Konzept, die Beschränkung auf Folklore einer Region, eine Ausweitung der Arrangementtechnik und die Verlängerung der Titel über die Zwei- bis Drei-Minuten-Marke könnte ein solches bilden.
Christian Kuntze-Krakau