Poppe, Enno / Paul Hindemith / Bernd Alois Zimmermann

Gleichzeit

Eine musikalische Zeitreise

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Ensemble Modern Medien EMCD-010
erschienen in: das Orchester 07-08/2010 , Seite 69

Seit 1974 bildet die Junge Deutsche Philharmonie gleichermaßen versierten wie engagierten Musikern ein Scharnier zwischen dem eigenen Hochschulstudium und der weiteren beruflichen Laufbahn in einem Orchester oder einem Ensemble. Und obwohl der Klangkörper damit einer gewissen Fluktuation unterworfen ist, besitzt er doch ein gleichbleibend hohes, wenn nicht sogar stetig wachsendes Niveau. Zu verdanken ist dies nicht allein den regelmäßigen Vorspielterminen, sondern weit mehr noch der künstlerischen Selbstbestimmung des Orchesters. Dazu gehört auch, dass aus den Reihen der Musiker der Programmausschuss gebildet wird und dass auch über die projektbezogen vergebenen Gastdirigate gemeinsam entschieden wird.
Wie erfolgreich sich mit diesem offenen Konzept arbeitet lässt, kann zunächst an der internationalen Reputation des Orchesters abgelesen werden: Der in Frankfurt am Main ansässige Klangkörper gastierte in der langen Zeit seines Bestehens in allen wichtigen Konzertsälen Deutschlands, im Rahmen internationaler Festivals und auf Einladung der deutschen Botschaften und der Goethe-Institute im Ausland. Sodann sind über die Jahre (und „Jahrgänge“) aus der Jungen Deutschen Philharmonie neue renommierte Klangkörper entstanden, darunter das Ensemble Modern und die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen.
Wie innovativ und erhellend die Programme der Jungen Deutschen Philharmonie sind, das belegt nun auch die vorliegende neueste CD, die als Veröffentlichung zum 35-jährigen Bestehen ein Konzert vom 13. September 2009 in der Tonhalle Düsseldorf dokumentiert. Unter dem erklärungsbedürftigen Motto „Gleichzeit“ wurden mit der finnischen Dirigentin Susanna Mälkki Werke von Enno Poppe (Markt, Uraufführung), Paul Hindemith (Mathis-Sinfonie) und Bernd Alois Zimmermann (Nobody knows de trouble I see) aufgeführt – klangtechnisch hervorragend mitgeschnitten vom Deutschlandradio Berlin.
Vor allem Poppes knapp 19-minütige Markt-Komposition hat es in sich: Gestenreich, mit motivischen, rhythmischen und klanglichen Verdichtungen und Entzerrungen hat sie einen wirklich bemerkenswert langen Atem. Hier profiliert sich auch die Junge Deutschen Philharmonie, genauer: jeder einzelne Musiker des Orchesters, am stärksten. Dramaturgisch bildet Zimmermanns Jazzkonzert (Solist: Marco Blaauw, Trompete) eine nahezu ideale Ergänzung, der Interpretation von Hindemiths traditionell geformter Mathis-Sinfonie fehlt es hingegen an innerem Zug.
Die CD ist zurzeit nur direkt bei der Jungen Deutschen Philharmonie zu beziehen. Auch muss man auf der Homepage (www.jdph.de) etwas herumsuchen, bis man endlich zum „Shop“ gelangt. Aber: Es lohnt sich.
Michael Kube