Wagner-Trenkwitz, Christoph

Giuseppe Verdi. Musik – Leben

Hörbuch, 2 CDs (151 Min.)

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Jumbo Neue Medien & Verlag, Hamburg 2013 / Goya portrait 443 208-2
erschienen in: das Orchester 12/2013 , Seite 67

Obwohl in Deutschland Verdis Werke schon längst zum festen Repertoire gehören, wird er selbst im aktuellen Gedenkjahr nie die gleiche publizistische Beachtung wie sein gleichaltriger Antipode Richard Wagner finden. Was früher vor allem durch nationale Ressentiments bedingt war, dürfte inzwischen in der weitaus problematischeren Wahrnehmung des Meisters von Bayreuth zu suchen sein. Verdis vergleichsweise unkompliziertere Erscheinung (er kokettierte ja gern damit, ein Bauer zu sein) und eine eher dünne Quellenlage fordern hingegen nicht gerade zu leidenschaftlichen Diskussionen heraus.
Umso mehr ist es zu begrüßen, dass sich jetzt ein überschaubares und im besten Sinne unterhaltsames Feature der künstlerischen Erscheinung Verdis widmet. Natürlich kann das Hörbuch nicht den detaillierten Tiefgang eines Fachbuchs erreichen, dafür handelt es sich aber um ein Medium mit großer Breitenwirkung. Der Wiener Musikwissenschaftler Christoph Wagner-Trenkwitz nähert sich dem Maestro dabei nicht in der meist üblichen Form einer biografischen Studie, die den Lebensweg von der Wiege bis zur Bahre chronologisch nachzeichnet, sondern behandelt in knappen Kapiteln verschiedene Aspekte der Wirkungsgeschichte.
Dabei werden vor allem Selbstzeugnisse Verdis mit seinen ästhetischen und aufführungspraktischen Gedanken herangezogen (darunter zur Inszenierung oder die Anforderungen an die Libretti). An anderer Stelle geht es noch um Verdis Rolle in der italienischen Politik: Im Gegensatz zu Wagner, der in Bayern und im Deutschen Reich wohl das Regieren zeitweise am liebsten selbst übernommen hätte, hegte Verdi keine vergleichbaren Ambitionen; er ließ sich nur kurz in eine solche Rolle drängen, entzog sich aber auch als Senator so weit wie möglich allen damit verbundenen Verpflichtungen.
Entstanden ist auf diese Weise eine abwechslungsreiche Darstellung, die allenfalls gegen Ende etwas im bunten Allerlei versandet. Die thematisch abgeschlossenen Teile werden durch die Highlights aus den Opern voneinander abgegrenzt, was zugleich eine konzeptionelle Schwäche ist: Man hört nur jenes konventionelle „Best of“, das sich vom Gefangenenchor aus Nabucco über „La donna e mobile“ (Rigoletto) bis zum Aida-
Triumphmarsch erstreckt – einige unbekannte Perlen aus den selten gespielten Bühnenwerken hätten stattdessen nicht geschadet.
Des Weiteren beschränkt sich Wagner-Trenkwitz generell auf die Oper, die bei einer Gesamtwürdigung Verdis zwar immer an erster Stelle stehen muss; es gibt aber eben auch geistliche Werke (und darunter nicht nur das grandiose Requiem) oder zwei dem Zeitgeist geschultete Hymnen und einige Lieder (übrigens auch zwei in italienisches Gewand gekleidete Goethe-Vertonungen) sowie das gelegentlich gespielte Streichquartett. Gerade das Hörbuch als besonders populäres Genre böte für solche Ausflüge in kaum vertraute Regionen eine hervorragende Gelegenheit, auch den wenig beachteten Verdi bekannt zu machen.
Georg Günther