Giuseppe Sinopoli and the Dresden Staatskapelle
The Two Eyes of Horus & Dreampaths of Music. Werke von Schönberg, Strauss, Schumann, Wagner und Beethoven
Giuseppe Sinopoli und Ägypten kaum ein Gebiet faszinierte den italienischen Dirigenten und leidenschaftlichen Archäologen mehr. Für Sinopoli bedeutete das alte Ägypten einen Gegenentwurf zur rationalistischen griechischen Kultur, auf der unsere westliche Tradition fußt. Und so wundert es nicht, dass es den langjährigen Chef der Staatskapelle Dresden zu deren 450. Jubiläum an den Nil zog. Dort entstanden 1998 die auf dieser DVD versammelten beiden englischsprachigen Filme, damals für den Fernsehsender ARTE. Ironie des Schicksals: Sinopoli nahm seine Ägyptensehnsucht mit ins Grab: Im April 2001 erlitt er während einer Aufführung von Verdis Aida an der Deutschen Oper Berlin einen tödlichen Herzinfarkt.
Rückblickend erhalten die beiden eineinhalbstündigen Filme The Two Eyes of Horus und Dreampaths of Music einen dokumentarischen Charakter. Sie sind ganz auf den Star Sinopoli zugeschnitten. Die Staatskapelle Dresden, deren Jubiläum der Anlass für die Filme war, bleibt ganz im Hintergrund. Hingegen rückt Sinopoli in den Vordergrund. Seine Person wird geradezu inszeniert, denn der von Barrie Gavin gedrehte erste Film The Two Eyes of Horus schildert zunächst den nachdenklichen, einsam durch die Ruinen des Tempels von Ramses III. in Medinet Habu spazierenden Sinopoli. Die Kamera fängt Statuen, Hieroglyphen und Pyramiden eindrucksvoll ein. Ein Sprecher verkündet dazu tiefsinnige Gedanken Sinopolis und erzählt von dessen unermüdlichem Forscherdrang nach dem Sinn unseres Lebens. Dann dirigiert er, von Naturbildern, Wellenspiel und Tempelansichten untermalt, Arnold Schönbergs Verklärte Nacht und Richard Strauss Metamorphosen. Sinopoli will mit seiner Aufführung an diesem historischen Ort zwei Welten miteinander verbinden. Filmisch gelingen schöne Momente, doch nicht immer glückt die Verbindung von Musik und Bild. Vieles wirkt gewollt, wie auch die gesamte intellektuelle Überfrachtung insgesamt zu aufdringlich ist.
Enthält der erste Film immerhin faszinierende Einblicke in die ägyptischen Sehenswürdigkeiten, enttäuscht der zweite Dreampaths of Music umso mehr. Nach romantischen Rheinbildern erklingt Robert Schumanns Rheinische inmitten eines kitschigen Prospekts des Kölner Doms. Die filmtechnische Realisation wirkt ebenso armselig im Parsifal-Vorspiel und in Beethovens Symphonie Nr. 7. Kitschiges Planetenleuchten und unsägliche Farbmuster machen die von Pat und Barrie Gavin besorgte visuelle Ebene zu einem fragwürdigen Beiwerk. Was bleibt, ist die wunderbare Leichtigkeit, Brillanz und Transparenz, mit der die Dresdner Staatskapelle musiziert. Sie hätte die Hauptprotagonistin dieser DVD sein können, wurde jedoch zugunsten einer Selbstdarstellung Sinopolis und einer filmisch zweifelhaften Umsetzung ganz in den Hintergrund gedrängt.
Matthias Corvin