Gabriel Cuypers

Geschäftsprozessmanagement im Kulturbetrieb

Eine Analyse am Beispiel der Dortmunder Philharmoniker im Theater Dortmund

Rubrik: Rezension
Verlag/Label: Tectum, Baden-Baden 2023
erschienen in: das Orchester 03/2024 , Seite 62

Hört sich technisch an und ist es auch: Geschäftsprozessmanagement (GPM). Dieses betriebswirtschaftliche Konzept analysiert detailliert unterschiedliche Unterneh- mensabläufe, macht sie transparent, nachvollziehbar und modulierbar. Im Kulturbetrieb, namentlich bei Theatern und Orchestern, wird zwar schon länger über Qualitätsmanagement und ganz vereinzelt auch über ISO-Zertifizierungen diskutiert, aber von einer Prozesssteuerung, wie man sie in der gewerblichen Wirtschaft kennt, sind Orchester und Theater noch weit entfernt. Man setzt eher auf eingespielte Abläufe, Erfahrungswerte und betriebliche Übungen im Proben-, Produktions- und Aufführungsbetrieb; dafür nimmt man Stress und Konflikte in Kauf, wenn etwas Unvorhergesehenes passiert (schlechtes Notenmaterial, zu spät geliefert, Schwierigkeiten beim Orchester- oder Bühnenaufbau etc.). Lautet doch die alte Bühnenregel: „Der Lappen muss hochgehen.“
Gabriel Cuypers hat sich für seine BWL-Masterarbeit, die dem Buch zugrunde liegt, mit der Probendurchführung der Dortmunder Philharmoniker beschäftigt und diese einem GPM unterzogen. Ganz konkret geht es um die erste Orchesterprobe zu Lohengrin im November 2019. Alle Prozesse und Subprozesse werden bis ins kleinste Detail unter die Lupe genommen: welche Instrumente, Podeste, Stühle, Pulte, Leuchten oder Schallabsorber mit welchen Wegen und Gewichten wohin transportiert und aufgebaut werden müssen und wie viel Zeit und Personaleinsatz hierfür notwendig sind. Hört sich kleinteilig an und ist es auch, ergibt am Ende aber Sinn.
Denn mit dem Schema von Prozessanalyse, -design, -strukturdarstellung und -architektur wird in den einzelnen Abschnitten des Buchs deutlich, wo konkret Abläufe „klemmen“ oder bei den Orchesterwarten schlicht und ergreifend Personal fehlt, dadurch Überstunden anfallen oder es – im schlimmsten Fall – zu Verzögerungen der Probenarbeit kommt, was wiederum weitere Konsequenzen hat, bis hin zu nutzlos „verbrannter“ Arbeitszeit der Orchestermitglieder.
Im Ergebnis seiner Analysen kommt Cuypers zum Schluss, dass GPM zwar komplex, im Bühnen- und Orchesterbetrieb aber ein sinnvolles Tool ist, um Betriebsabläufe genauer zu erfassen, zu modellieren und zu verbessern. Im Idealfall werden dadurch die Ressourcen des Betriebs optimal eingesetzt, die Relation zwischen Input und Output steigt und die Zufriedenheit der Mitarbeitenden im Zweifel auch. Wer im Theater- oder Orchestermanagement Verantwortung trägt, sollte sich mit GPM befassen. Dieses Buch bietet dafür mit einer klaren Gliederung, einem ausführlichen Literaturverzeichnis und dem detaillierten Anhang eine gute Basis.
Gerald Mertens