Schröder, Dorothea
Georg Friedrich Händel
2009 ist bekanntlich ein Händel-Jahr im Gedenken an den 250. Todestag des Meisters. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass die Zahl der dazu erscheinenden neuen Publikationen weitaus größer sein wird als im gerade erst 24 Jahre zurückliegenden Jubiläumsjahr 1985, in dem Händels 300. Geburtstag gefeiert wurde. Es hat sich in Sachen Händel in der Zwischenzeit hat auch einiges getan. Seine Opern haben auf den ersten Bühnen Furore gemacht und einen festen Platz im Repertoire errungen. Es wurden ein paar Werke neu entdeckt und mit der deutschen Einheit wurde auch der Ost-West-Konflikt in der Deutung des Händelschen Schaffens beigelegt. Ein neues Händel-Handbuch wird es geben, eine große Monografie in der Art von Paul Henry Langs Händel-Buch von 1979 oder gar der unvollendeten Biografie Chrysanders ist wohl nicht in Sicht. In der Beckschen Reihe Wissen ist nun aber eine kleine, sozusagen einführende Händel-Biografie der Hamburger Musikwissenschaftlerin Dorothea Schröder erschienen, die in knapp gefasster Form und auf dem neuesten Forschungsstand einen Abriss von Händels Lebensgeschichte gibt.
Das schöne Büchlein ist mit großer Sachkenntnis, spürbarer Liebe zu Händels Musik und ausgesprochen verständlich geschrieben. Dorothea Schröder zeichnet anschaulich Händels Lebensweg nach, verweist dabei auf die besonders für die Kindheit und Jugend Händels sehr spärliche Dokumentenlage und thematisiert immer wieder die Besonderheiten der Kunstauffassung in der Barockzeit sowie die Zeitumstände. Es ist eine reflektierte Lebensbeschreibung, kein Händel-Roman und trotz des begrenzten äußeren Rahmens einer solchen kleinen Biografie werden alle wesentlichen Aspekte angesprochen. Der für Händel so prägenden Zeit in Italien wird zu Recht viel Raum gegeben, wobei Dorothea Schröder nicht vergisst, auf das von ihrem Lehrer Hans-Joachim Marx wieder gefundene Gloria hinzuweisen, das 2001 erstmals wieder erklang.
Die Autorin, eine ausgewiesene Händel-Spezialistin, ist eher behutsam im Umgang mit der Beurteilung der Persönlichkeit Händels. Gerade deshalb ist ihr Kapitel zu diesem Thema sehr schlüssig, weil es sich auf Dokumente und die historische Sachlage stützt. Auch ein Beitrag zur Händel-Rezeption mit dem Titel Ein Weltstar der Barockmusik ergänzt den biografischen Bericht. Hier ist die unmittelbar gegenwärtige Auseinandersetzung mit Händel kein Thema. Dabei wäre ein Hinweis auf die Bedeutung der historischen Aufführungspraxis für die klingende Wiedergabe seiner Musik und die Vielfalt der szenischen Deutungen seiner Opern nicht unangebracht gewesen. Nicht der eingefleischte Händelianer, wohl aber das Gros der Konzert- und Opernbesucher kommt ja dadurch heute vermehrt mit Händel in Kontakt.
Das Buch ist in jedem Fall eine ebenso fassliche wie fundierte Wegweisung hin zu Händel für alle Freunde seiner Kunst und solche, die es werden wollen. Von Händels Charme und dem seiner Musik ist mehrfach die Rede. Auch dieses Büchlein ist nicht ohne Charme.
Karl Georg Berg