Binder, Franz
Georg Friedrich Händel
Sein Leben und seine Zeit
Das Händel-Jahr 2009 hat im Unterschied zu dem von 1985, als der 300. Geburtstag des Halleschen Meisters gefeiert wurde, im deutschsprachigen Raum eine ganze Reihe von handlichen, knapp gefassten und für ein breites Publikum gedachten Händel-Büchern hervorgebracht. Das hat zum einen gewiss mit der wachsenden Verbreitung der Werke Händels in den Opernhäusern und Konzertsälen zu tun. Mehr Musikfreunde denn je wollen und können Händels Musik hören und viele von ihnen wollen denn auch mehr über ihn wissen. Zum anderen ist die große, umfassende Biografie als musikologisches Genre längst historisch beziehungsweise utopisch geworden. Es schiene heute sicher vermessen, eine universelle Händel-Monografie, wie sie Chrysander mit seinem Fragment gebliebenen Entwurf im 19. Jahrhundert angegangen war, schreiben zu wollen.
Zum Kreis der populären Einführungen in Händels Leben und Werk, die neu vorliegen und im Grunde eine Zusammenfassung des heute dazu Gewussten und Wissenswerten bieten, gehört auch das Buch von Franz Binder. Der Autor ist freier Schriftsteller und Fotojournalist vor allem aber auch Opernenthusiast. Das ist bei der Begeisterung, mit dem er sich seinem Gegenstand widmet, nicht zu überlesen. Zu verspüren ist aber auch die Ambition, einen ebenso verständlichen wie angenehmen Erzählstil zu pflegen, der die Beschreibung der Lebensgeschichte Händels in seiner Zeit anschaulich und lebendig macht.
Das gelingt Binder. Er versteht es auch sehr geschickt, den historischen, gesellschaftlichen und sozialen Rahmen der Händel-Zeit kenntnisreich zu umreißen. Natürlich betont auch er den Rang Händels als eines kosmopolitischen und europäischen Künstlers im emphatischen Sinn. In seinem Vorwort verweist der Autor auf das Problem einer jeden Händel-Biografie: das Fehlen aussagekräftiger privater Äußerungen und Dokumente, die uns den Menschen Händel in seinem Denken und seinen Neigungen näher bringen könnten. Das Buch enthält sich denn auch Spekulationen in diesem Bereich. Es bringt im Kern einen chronologischen Lebensbericht in gelegentlich romanhafter Diktion. Das Nachwirken Händels wird in Binders Buch im Ausklang nur kurz angerissen, wohl aber wird zu Recht darauf verwiesen, dass Händel zu Beginn des 21. Jahrhunderts populärer denn je sei.
Akzentuiert wird das Buch durch sieben Intermezzi, in denen der Autor die Opernpraxis der Barockzeit erklärt, Händels Umgang mit seinen Künstlern sowie die uns heute merkwürdig anmutende Praxis der musikalische Entleihungen aufgreift und ein besonderes Schlaglicht auf den “Messiah”, Händels wohl populärstes Werk, wirft. Gerade durch diese eingeschobenen Texte ist das Buch in der Tat eine gute Einführung für Opernbesucher, Konzertgänger sowie alte und neue Händel-Freunde, die sich kompakt und mühelos, dazu mit einem nicht geringen Lesevergnügen über Händel, die greifbaren Umstände seines Lebens, die zentralen Entwicklungslinien seines kompositorischen Schaffens und die Welt zwischen Halle, Hamburg, Italien und London von 1685 bis 1759 in Kenntnis setzen lassen wollen.
Karl Georg Berg