Röbke, Peter

Geige pur!

Klassiker für Violine anders unterrichten (= üben & musizieren spezial)

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Schott, Mainz 2008
erschienen in: das Orchester 10/2008 , Seite 58

Auf diese Fundgrube wertvoller Anregungen musste die Musik- und Violinpädagogik allzu lange warten! Dem Geiger Peter Röbke gelingt es auf den gerade mal 48 Seiten seiner Veröffentlichung, uns die scheinbar ausgelatschten Pfade der so genannten Schülerliteratur als Wege voller Überraschungen neu entdecken zu lassen. Röbkes Fantasie kennt kaum Grenzen, wenn es darum geht, die vielfältigen Aspekte von Musik zu beleuchten und sie aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten.
Peter Röbke hat an der Folkwanghochschule in Essen studiert, war Geigenlehrer an verschiedenen Musikschulen in NRW und Berlin und ist jetzt Universitätslehrer für allgemeine Instrumentalpädagogik in Wien. Durchblick und Einfühlungsvermögen werden in jedem Kapitel deutlich: Röbke ist ein Lehrer aus Leidenschaft und von großer Sensibilität.
Seine Intentionen beschreibt der Autor folgendermaßen: „Es gibt im Violinunterricht des deutschsprachigen Raums einige Stücke, an denen ein Geigenschüler im Laufe seines Unterrichts praktisch nicht vorbeikommt. […] So selbstverständlich es aber z. B. ist, dass ein Violinschüler das a-Moll-Konzert von Vivaldi oder ein Schülerkonzert von Küchler erarbeitet, so wenig selbstverständlich ist es, dass das musikalische Potenzial dieser Stücke ausgeschöpft wird. Das mag zum einen daran liegen, dass spieltechnisch bereits machbare Stücke in musikalischer Hinsicht dennoch überfordern. Zum anderen kann es aber auch damit zu tun haben, dass Lehrerinnen und Lehrern zu Standardliteratur, die dutzende Male unterrichtet und gehört wurde, manchmal schlicht nichts mehr einfällt. Ziel dieses üben & musizieren spezials ist somit, Wege aufzuzeigen, wie selbst das hundertfach gehörte Stück auf neue Weise musikalisch ausgeschöpft werden kann […]. Alle Vorschläge sind auf das Streicherrepertoire bezogen und am konkreten Geigenstück exemplifiziert; gleichzeitig sind sie aber in instrumental­didaktischer Hinsicht so allgemein gehalten, dass auch Lehrkräfte anderer Instrumente in diesem Heft Anregungen finden können.“
Die neun Kapitel des Hefts sind anregend bebildert und mit vielen Musikbeispielen ausgestattet. Die Überschriften dieser Kapitel verdeutlichen, in welchen Bereichen und mit welchen Stücken jeweils Schwerpunkte gesetzt werden: 1. Die musikalische Welt des Seufzens (Béla Bartók, 44 Duos für 2 Violinen); 2. Die Kraft des Rhythmus (Carl Orff, Geigen-Übung I und II); 3. Die Einzigartigkeit der Empfindung (Dvorák, Sonatine op. 100, 2. Satz, „Indian Canzonetta“); 4. Die Energie und ihre Entladung (Vivaldi, Concerto a-Moll, 1. Satz); 5. Die Klangrede des Barock (Händel, Sonate F-Dur, 1. Satz); 6. Die Geheimnisse der musikalischen Struktur (Bach, Doppelkonzert d-Moll, 1. Satz); 7. Die Bühne der Emotionen (Mozart, Wiener Sonatine Nr. 3 D-Dur, Andante); 8. Die Schwierigkeit des Einfachen (Küchler, Concertino G-Dur op. 11, 1. Satz); 9. Der Teufelsgeiger in uns (Rieding, Accolay, Dancla, Viotti und Konsorten).
Röbke bietet ein reiches „Ideenreservoir“ an, aus dem eine Vielfalt von Anregungen geschöpft werden kann und das eigenes Weiterdenken geradezu herausfordert.
Otfrid Nies