French Cello Concertos
Werke von Camille Saint-Saens, Frank Martin und Darius Milhaud
Pour moi, lArt, cest avant tout la Forme, erklärt Camille Saint-Saëns im Jahr 1919, und Formexperimente sind es auch, durch die sich insbesondere seine Solokonzerte auszeichnen. Eine neue Interpretation des Konzerts für Violoncello und Orchester Nr. 1 a-Moll op. 33 hat jetzt Niklas Eppinger zusammen mit den Bochumer Symphonikern unter der Leitung von Steven Sloane auf der bei aulos erschienenen CD French Cello Concertos vorgelegt. Und Eppinger so viel sei gleich vorweg gesagt überzeugt von der ersten Sekunde an, nicht nur mit Saint-Saëns, sondern auch mit den beiden Cellokonzerten von Frank Martin und Darius Milhaud.
Saint-Saëns dreiteiliges Konzert ist hierbei das wohl virtuoseste der drei Werke. Eppinger meistert alle technischen Schwierigkeiten die halsbrecherischen Läufe im Allegro, die abwärts gerichteten Staccato-Arpeggien im Allegretto, die Oktavpassagen und schwindelerregenden Höhen im dritten Teil , als ob nichts weiter dabei wäre. Vor allem aber begeistert er mit seinem grandiosen und immer reinen Ton. Den einzelnen Nuancen der Musik entsprechend vermag er seinem Instrument die verschiedensten Klangfarben zu entlocken.
Dies zeigt sich auch deutlich im Violoncellokonzert des Schweizers Frank Martin (entstanden 1965/66), dessen Lento-Einleitung vom Cello solistisch begonnen und vom Künstler mit unvergleichlicher Intensität vorgetragen wird: zuerst nachdrücklich-elegisch, später, in tieferem Register, wunderschön sonor. Im zweiten Satz Adagietto, der beinahe zu unheimlich ist, um noch feierlich zu wirken, gibt es richtiggehend durchdringende Passagen, daneben aber auch Stellen, an denen das Cello fast verschüchtert wirkt. Das Vivace schließlich wild, gehetzt, treibend gespielt lässt in der rhythmischen wie melodischen Faktur deutlich die Jazz-Einflüsse in Martins Werk erkennen.
Auch das Cellokonzert Nr. 1 op. 136 aus dem Jahr 1934 von Darius Milhaud, Zeitgenosse Martins, bietet mit seinen drei Satz-Charakteren Nonchalant, Grave und Joyeux vielfältige Abstufungsmöglichkeiten in der klanglichen Umsetzung, die Eppinger voll auskostet. Den ersten Satz interpretiert er korrekterweise gemächlich aber nur, wenn das Orchester dabei ist. In den Solo-Stellen hingegen wird sein Spiel bewegt bis brutal. Auf den ernsten, polytonal gestalteten zweiten folgt dann noch der fröhliche dritte Satz mit seinen Kastagnetten-Partien, auch dieser von Jazz-Elementen bestimmt, auch dieser lebhaft und virtuos vorgetragen.
Die Bochumer Symphoniker unter Steven Sloane, schon zweimal vom Deutschen Musikverleger-Verband mit der Auszeichnung Bestes Konzertprogramm geehrt, bieten dem Solisten zu jeder Zeit kongeniale Unterstützung. Keine Unreinheit, keine ungewollte Überlagerung des Violoncellos, keine Störung der klanglichen Ausgewogenheit trüben den durchweg positiven Gesamteindruck. Ein bemerkenswertes Stück Arbeit.
Julia Hartel