Haupt, Eckart
Flöten Flötisten Orchesterklang
Die Staatskapelle Dresden zwischen Weber und Strauss
Eckart Haupt ist langjähriger Soloflötist der Sächsischen Staatskapelle Dresden und Professor an der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber. In einer Art Vorruhestand ist er noch durch einzelne Projekte an sein Traditionsorchester gebunden. Sein vorläufiges Karriereende hat er mit einer Dissertation über das oben genannte Thema gekrönt und sich damit den streng wissenschaftlichen Vorgaben einer Doktorarbeit unterworfen. Sie ist nunmehr in Buchform erschienen und gleichzeitig als Band 2 in die Reihe Studien zum Dresdner Musikleben im 19. Jahrhundert, herausgegeben von Michael Heinemann und Hans-Günter Ottenberg, aufgenommen worden. Das ist eine Ehre für den Verfasser. Es ist jedoch auch ehrenvoll für die noch junge Studienreihe, über eine so unglaubliche Fleißarbeit eines Musikers, der noch in Vollbeschäftigung als Solist, Kammer- und Orchestermusiker sowie Hochschullehrer stand, verfügen zu können.
Unter dem mutmaßlich vom Verfasser gewählten Titel läuft die Dissertation als Sachbuch allerdings Gefahr, in der Ecke einer Bibliothek zu verstauben. Streichen wir einmal den ersten Titelteil Flöten Flötisten weg, so erreicht der Orchesterklang, das wesentliche Anliegen Eckart Haupts, die ihm gebührende Aufmerksamkeit.
Theobald Boehm, Juwelierssohn und Soloflötist in München, hat 1847 mit der Konstruktion der zylindrischen Boehm-Flöte und der dazu gehörigen gleichnamigen Mechanik das Thema Flöten abgeschlossen. Die Boehm-Flöte wird heute in allen Orchestern der Welt gespielt. Ihr Erfinder war nicht nur als europaweit konzertierender Solist, sondern auch als feinmechanischer Konstrukteur ein ausgesprochener Ästhet. Das ist nachgewiesen. Bei der Premiere von Richard Wagners Parsifal spielte 1882 im Bayreuther Festspielorchester der Theobald-Boehm-Schüler und Soloflötist der Münchner Hofoper Rudolf Tillmetz. Er benutzte eine zylindrische Boehm-Flöte. Der erzürnte Komponist nannte das Instrument eine Kanone und es gab einen Eklat. Das hatte Folgen, nicht nur für das Instrument, sondern auch für diejenigen, die es spielen wollten.
Was waren die Gründe für die Erfindung der Kanone und war es überhaupt möglich, so ein Monsterinstrument in das hoch sensible und unverkennbare Klangbild eines Traditionsorchesters zu integrieren? Konnten Dirigenten und Musiker auf diese Entwicklung Einfluss nehmen? Wenn ja, wäre dies vielleicht beispielhaft für die Rückkehr europäischer Orchester zum eigenen Klangideal?
Eckart Haupt verfügt über fast unerschöpfliches Quellenmaterial, das er brillant nutzt. Er dringt sogar erkenntnisreich bis zu den Signaturen der Musiker in deren Orchesterstimmen vor. Bei streng wissenschaftlichen Passagen ist oft sein Ringen um die richtige Formulierung zu spüren. Darf er aber seinen Gedanken freien Lauf lassen, ist es ein Vergnügen den flüssigen Texten zu folgen. Die Leser dürfen gespannt sein.
Christoph Dürichen