Schreker, Franz

Festwalzer und Walzerintermezzo/Ein Tanzspiel/Fünf Lieder für tiefe Stimme und Orchester u.a.

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Capriccio 67 063
erschienen in: das Orchester 03/2004 , Seite 82

Die Renaissance des lange verfemten beziehungsweise weit gehend vergessenen Schaffens von Franz Schreker hat sich in den vergangenen Jahren hauptsächlich auf die Musiktheaterwerke des Komponisten konzentriert. Kein Wunder, war Schreker doch bis 1930 neben Richard Strauss der erfolgreichste Opernkomponist in Deutschland. Dass seine Opern wie Der ferne Klang, Der Schatzgräber oder aber auch wie die Aufsehen erregende Stuttgarter Produktion der Gezeichneten gerade für das moderne Regietheater von großem Interesse sein können –  ungeachtet aller musikalischen Qualitäten und der schieren Wirkungsmächtigkeit der Kompositionen –, ist offensichtlich. Das weitere Werk Franz Schrekers, besonders seine Kompositionen aus der Zeit vor dem Erfolg der Oper Der ferne Klang im Jahr 1912, fristet aber bis heute ein Schattendasein.
Die rührige Firma Capriccio, die zudem zwei beachtenswerte Einspielungen von Der Schatzgräber (2 CDs, 60010) sowie Der ferne Klang (2 CDs, 60024) im Programm hat, präsentiert nun den unbekannten Schreker. Dabei stellt das WDR Rundfunkorchester Köln unter Leitung des Musikwissenschaftlers und Dirigenten Peter Gülke die ersten Bühnenversuche Schrekers (Ballettmusiken) Beispielen des Liedschaffens gegenüber. Das Gespür Schrekers für Klangfarben und große handwerkliche Kompetenz kommen bereits im Festwalzer und Walzerintermezzo und dem vierteiligen Tanzspiel, die in den Jahren 1908 respektive 1909 entstanden, zum Tragen. Beide wurden von dem sehr überlegt agierenden Dirigenten und dem
gut vorbereitet wirkenden WDR Rundfunkorchester Köln auf dieser CD erstmals eingespielt. Gelegentlich könnte man sich aber noch etwas mehr Klangfantasie bei der Orchesterleitung vorstellen.
Obgleich Schreker als Opernkomponist seine meisterliche Behandlung der Singstimme demonstriert hat, nimmt das Liedschaffen keinen sehr großen Raum in seinem Werk ein. Was zu bedauern ist, hört man die Fünf Lieder für tiefe Stimme und Orchester sowie die von Schreker für Orchester und Singstimme arrangierten Lieder Hugo Wolfs: Heimweh und Verschwiegene Liebe. Mechthild Georgs dunkel grundierter, über viele Farbvarianten verfügender Mezzosopran, der sich nur in der Höhe gelegentlich etwas verengt, ist für die Interpretation dieser Lieder geradezu ideal.
Dass Schreker auch für Chor und Orchester Wirkungsvolles zu schreiben vermochte, zeigt schon der 1902 entstandene Schwanengesang. Obwohl noch etwas akademisch-konventionell gehalten, kann das Werk in der Interpretation des von Thomas Eitler vorbereiteten WDR Rundfunkchors Köln ansprechen. Abgerundet wird dieses Porträt des unbekannten Schreker durch Rezitationen einiger Gedichte des Komponisten durch den 2002 verstorbenen Gert Westphal. Dieser hatte sich schon für das späte Melodram Das Weib des Intaphernes (ebenfalls bei Capriccio, CD 10850) erfolgreich eingesetzt. Unterstützt wird der positive Eindruck dieser Schreker-CD durch das sehr informative Booklet.
Walter Schneckenburger