Festivus

Symphonic Classics

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Genuin GEN 11221
erschienen in: das Orchester 02/2012 , Seite 79

Gibt ein Blasorchester ein Konzert, erwartet man oft die bekannten Ohrwürmer: den Triumpfmarsch aus Verdis Aida, den Einzug der Gäste aus Wagners Meistersingern, Elsas Prozession zur Kathedrale aus seinem Lohengrin, Händels Ankunft der Königin von Saba und was man sonst so kennt und liebt. Solche Perlen – aber auch Unerwartetes – finden sich auf dieser CD. Erfüllen die Interpretationen solcher Preziosen hier die Erwartungen der Neugierigen? Die Antwort lautet: Ja, wenn man sich daran gewöhnt hat, dass Schmettertrompeten und Jubelhörner aus dem profunden Bläsersound vieler Oboen, Flöten, Klarinetten, Fagotte neben opulent besetztem Blech und massivem Schlagwerk meist nicht ganz so brillant herausstechen können, wie man das vielleicht von Originalbesetzungen mit großem Streicherchor zu erleben gewohnt ist.
Nehmen wir das erste Stück der CD, den Aida-Marsch – wie oft hat man ihn schon erlebt, den Einzug des siegreichen Radames, in Verona vielleicht sogar mit echten Elefanten, und dazu die hellen Trompetensignale genossen, die einem schier die Ohren wegbliesen! Hier fehlt solche Klangbrillanz, dafür marschieren aber Soldaten und Gefangene in ungewohnter Bläserklangfülle vorbei, das ist auch wieder imposant! So geht’s weiter: Die Saba-Königin-Oboen kommen auf einem ordentlichen Pomp-Teppich, das Händel-Largo klingt (wohl auf einem Flügelhorn) anrührend, im 4. Satz der Reformations-Sinfonie Mendelssohns – eine mutige Repertoirebereicherung! – bringt sich der protestantische Posaunenchor mit dem Choral Ein’ feste Burg ist unser Gott in Erinnerung und auch der Elias-Chor „Denn er hat seinen Engeln befohlen“ passt ebenso zu solcher Klangopulenz wie Bachs Eingangschor „Preise, Jerusalem, den Herrn“ aus der Kantate Nr. 119 (hier blitzen die Trompeten dann doch unerwartet wunderbar hell!) und natürlich die „unkaputtbare“ Air aus seiner 3. Orchestersuite.
Bevor zwei Ungarische Tänze das Kaleidoskop schwungvoll beenden, überrascht noch ein zeitgenössisches Werk: Crescendo von Klaus-Peter Bruchmann – eine fast achtminütige dynamische Steigerung zum Ohrenspitzen und Staunen! In beeindruckenden Bearbeitungen und mit blitzsauberem Spiel des Klasse-Orchesters ist das alles mehr als eine Stunde lang für Schmankerl-Fans sicher ein mitreißendes Klangerlebnis!
Diether Steppuhn