Werke von Schumann, Winding, Eschmann und anderen
Fantasie
Georg Arzberger (Klarinette), Julian Riem (Klavier)
Fantasiestücke sind eine die Romantik prägende Gattung, die auch für die Besetzung Klarinette und Klavier von verschiedenen Komponisten um die Mitte des 19. Jahrhunderts bedacht wurde. Der langjährige im Orchester der Deutschen Oper Berlin tätige und seit 2019 als Professor in München wirkende Klarinettist Georg Arzberger stellt sich mit seiner programmatischen Debüt-CD als Kammermusiker vor. Mit dem erfahrenen Münchner Pianisten Julian Riem bildet er ein äußerst partnerschaftliches Duo, das fünf markante Kompositionen präsentiert.
Die eröffnenden Drei Fantasiestücke op. 19 des Dänen August Hendrik Winding (1835–1899) stehen in ihrer sich steigernden Intensität, ihrem feinsinnigen Wechselspiel von Klarinette und Klavier und dem überwiegend lyrischen Gestus der Melodik dem Vorbild Robert Schumanns nahe. Die im Ausdruck völlige Übereinstimmung der beiden Musiker, der warme, runde Klarinettenton und die differenzierte Gestaltung stehen von Beginn an für das hohe Niveau der Interpreten.
Noch weniger bekannt als Winding ist der Schweizer Johann Carl Eschmann (1826–1882), der um 1850 Zwei Fantasiestücke op. 9 geschrieben hat, die sich einer freieren, im Tempo wechselnden Formdisposition bedienen: von langsamer Einleitung zu einem schnelleren Hauptsatz, der mit einer Klarinettenkadenz zum zweiten Satz, einer Romanze, überleitet, die am Ende wieder auf den ersten Satz zurückgreift. Eschmanns Tonsprache ist weniger lyrisch denn temperamentvoll und im Ausdruck schneller wechselnd. Sie wird von den Interpreten ebenso überzeugend dargeboten wie die zum Kernrepertoire der Klarinette gehörenden Fantasiestücke op. 73 von Robert Schumann von 1849, in denen die melodischen Nuancen und Feinheiten des Klaviersatzes, verbunden mit emotionaler Tiefe, zur Entfaltung kommen. Arzberger und Riem haben dabei auch ein gutes Gespür für die Temporelationen und verleihen der Musik stets einen natürlichen Fluss.
Auf Schumanns einflussreiche Komposition folgt Niels Wilhelm Gade mit Vier Fantasiestücken op. 43. Im Mittelpunkt steht hier eine Ballade, die in ihrer Gestaltung die dramatischen Ausdrucksmöglichkeiten sowohl im Klavierpart wie auch in der Klarinette mit ihren verschiedenen Registerfarben wirkungsvoll nutzt. Den Abschluss der Einspielungen bilden ebenfalls Vier Fantasiestücke op. 22 von Windings Lehrer Carl Reinecke (1824–1910): Der erste Satz ist noch lyrisch geprägt, während der zweite scherzohafte Züge hat. Als drittes Stück erklingt ein Deutscher Walzer mit einem Intermezzo und der Schlusssatz ist als Kanon zwischen Klarinette und der Oberstimme des Klaviers, begleitet vom Klavierbass, angelegt. Alles durchdacht und überzeugend interpretiert wie der gesamte repräsentative Querschnitt durch die Gattung der Fantasiestücke.
Heribert Haase