Schwanse, Ulrike
Familienkonzerte
In Kooperation mit Grundschulen - ein Konzept und seine Wirkungen
Familienkonzerte in Zusammenarbeit mit Grundschulen sind generationsübergreifende kulturelle Bildungsangebote für die ganze Familie
Sie ermöglichen das Erfassen neuer Publikumsschichten, die nicht zum traditionellen Konzertpublikum gehören. So lautet das Fazit einer Konzertuntersuchung der promovierten Musikpädagogin, Musikwissenschaftlerin und -vermittlerin Ulrike Schwanse, die jetzt als Buch veröffentlicht wurde.
Untersucht wurde ein Familienkonzert, das im Frühjahr 2003 in Essen in Kooperation mit mehreren Grundschulen stattfand. Auf dem Programm stand Vier auf einen Streich Ein Posaunenquartett auf den Pfaden von Max und Moritz. Durch Befragungen der Konzertbesucher, aber auch der Nicht-Konzertbesucher, stellt die Autorin dar, dass diese Form der in Kooperation durchgeführten Familienkonzerte eine besondere Chance zur Erschließung neuer Publikumsschichten bieten kann. Detailliert schildert sie die Vorbereitungen auf das Konzert, die Konzertinszenierung und den Kartenverkauf. Auch die Lehrerfortbildung wird ausführlich behandelt. Sehr umfassend stellt Schwanse die Ergebnisse der Befragungen der Schüler, Eltern, Lehrer und Nichtkonzertbesucher dar. In der Befragung werden Prioritäten der Freizeitgestaltung vor und nach dem Konzertbesuch erforscht. Weiterhin befasst sich die Autorin auch mit der sozialen Stellung der Konzert- und der Nichtkonzertbesucher. Ebenso ausführlich wird eine Voruntersuchung, die im Rahmen eines der bereits seit vielen Jahren etablierten Velberter Familienkonzerte durchgeführt wurde, ausgewertet.
Ein Ergebnis der diesem Buch zugrunde liegenden Forschungen ist die Tatsache, dass den Lehrern in dieser besonderen Form des Familienkonzerts eine Schlüsselrolle zukommt. Sie haben nicht nur die Aufgabe, die Schüler auf das Konzerterlebnis vorzubereiten, sie sind auch wichtige Initiatoren des Konzertbesuchs. Die Autorin fand heraus, dass Presseveröffentlichungen und Plakate nur einen geringen Teil der Besucher angesprochen haben. Die Aufforderung durch die Lehrer führte jedoch dazu, dass der Zuspruch so groß war, dass weitere Konzerttermine angesetzt werden mussten. In einem sehr umfangreichen theoretischen Teil berichtet die Autorin u. a. über zahlreiche Aspekte der Musikvermittlung und der musikalischen Bildung sowie über die Situation des Schulmusikunterrichts.
Das in schlichter Aufmachung als Paperback erschienene Buch ist insgesamt flüssig zu lesen. Durch seine gut durchstrukturierte Gliederung ist es dem interessierten Leser möglich, einzelne Passagen schnell wieder zu finden. Illustriert ist das Buch mit zahlreichen Max-und-Moritz-Zeichnungen, die in der Vorbereitung des Konzerts von den Schülern angefertigt wurden und mit denen der Konzertsaal dekoriert wurde. Auch Briefe einzelner Schüler nach dem Konzerterlebnis an die Autorin sind abgedruckt. Im Anhang findet der Leser die der Befragung zugrunde liegenden Fragebögen. Obwohl es sich durch die Programmgestaltung um ein sehr spezielles Konzertangebot handelt, scheinen die von Schwanse dokumentierten Ergebnisse durchaus auch auf andere Konzertformen übertragbar.
Als Ergebnis ihrer Studie fordert die Autorin: Familienkonzerte in Kooperation mit Grundschulen befinden sich an der Schnittstelle zwischen Kultur-, Bildungs-, Sozial- und Familienpolitik. Will man kulturelle Bildung für breite, bislang benachteiligte Publikumsschichten fördern, so sollte die Finanzierung von diesen Institutionen getragen werden.
Hartmut Karmeier