Ewelina Nowicka
Musik für Violine und Klavier
Ewelina Nowicka, 1982 in Danzig geboren, studierte Violine und Musikpädagogik an der Hamburger Hochschule für Musik und Theater und machte später ihr Konzertexamen an der Hochschule für Künste in Bremen. Ihre klassische Geigenkarriere Meisterkurse, Preise bei einigen Wettbewerben und zahlreiche Auftritte mit polnischen und deutschen Orchestern ergänzt und kontrastiert sie mit einer ebenso zielstrebigen Aus- und Weiterbildung als Komponistin. Michael Volpe nennt sie als einen ihrer Lehrer, ebenso Elisabeth Sikora, Helmut Zapf oder Manfred Stahnke. Förderpreise bei Jugend komponiert, der Bremer Kompositionspreis und wiederum zahlreiche deutsche und polnische Stipendien zeugen von der Anerkennung ihrer Arbeiten.
Ein wichtiger Schritt für die komponierende Instrumentalistin, die neben ihrer solistischen Tätigkeit an Hamburger Musikschulen Geigenunterricht gibt, ist auch dieses kompositorische Debütalbum. Es vereint Werke und Bearbeitungen für Violine und Klavier mit Solostücken für beide Instrumente. Deutlich nachvollziehbar steht eine kompositorische Entwicklung vor Ohren (zwar verschweigt die CD die Entstehungsdaten der Werke, die meisten sind aber auf der Webseite der Künstlerin, www.ewelinanowicka.com, zu finden), vom frühen Violinkonzert Obsession (1999), das recht vordergründig ein geigerisches Technikrepertoire ausstellt und quasi durchtestet von Doppelgriff-Lagenwechseln und -tonleitern über verschiedene Akzelerationen und überhaupt dynamische und Schwierigkeitsgrad-Steigerungen bis zu den überzeugenderen Solowerken Conventus (für Klavier, komponiert 2009, herausgegeben 2012) und Strawinskana (herausgegeben 2012).
Sowohl die Violinistin Nowicka als auch die eingeladenen Pianisten Pola Lazar, Milena Antoniewicz, Jennifer Hymer, Katharina Polivaeva und Michael Krezlewski warten mit konzentrierten und hörbar ausgereiften Interpretationen auf. Groß ist jedoch die Spanne im kompositorischen Anspruch gerade in den Begleitparts. Haben wir es bei Conventus mit einem stringent ausgeführten Instrumentenporträt zu tun, das die verschiedenen Klangregister des Flügels ausreizt und stimmungsvoll kontrastiert, sind in den Klavierstimmen von Kaddish 1944 oder dem Concerto Ebraico viele Ideen nicht überzeugend ausgearbeitet, enthüllen stilistische Unentschiedenheit und werden insgesamt den Potenzialen des Klaviers nicht so gerecht wie die Violinstimmen denen der Geige. So bleibt dem Tasteninstrument in diesen etwas älteren Werken über weite Strecken nur die Rolle des bescheidenen Juniorpartners.
Die deutlichen Entwicklungsschritte zwischen den hier vorgestellten sieben Werken machen neugierig auf das, was kommt. Über den Verlag Neue Musik, Berlin, sind die Werke gedruckt erhältlich; nun wäre es an weiteren interessierten Interpreten, die Kompositionen anzutesten, öffentlich zu spielen, mithin auf Tonträgern festzuhalten, um mehr Hörer für das Gesamtwerk von Ewelina Nowicka zu interessieren.
Martin Morgenstern