Essentials. Works for Solo Violin

Werke von Bach, Bartók, Kreisler, Skalkottas und Ysaÿe

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Avie Records AV2155
erschienen in: das Orchester 07-08/2009 , Seite 71

Essentials – für den Violinisten Herwig Zack die Konzentration zum einen auf die eigenen vier Saiten, zum anderen – mit Ausnahme der Sonate Skalkottas’ – auf Werke des Kernrepertoires von Bach, Bartók, Kreisler und Ysaÿe.
Ein Blick auf die Entstehungsdaten lässt Johann Sebastian Bachs Partita Nr. 2 in d-Moll zwischen den Werken aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zunächst einmal fehl am Platz erscheinen. Im Sinne der angestrebten Essentials ist sie dies jedoch keineswegs. Das wohl populärste Konzert- und Wettbewerbsstück von Bachs drei Sonaten und drei Partiten für Violine solo stellt einen – wie Zack im selbst verfassten Begleittext des Booklets auch schreibt – „bis heute unerreichten Gipfelpunkt musikalischen Schaffens für Geige allein“ dar. Bei aller Leichfüßigkeit geraten Zack die fünf Tanzsätze nie flüchtig, bei aller Differenziertheit nie überladen. So erreicht er die Eleganz und Lebendigkeit, die er sich zum Ziel setzt.
Die Chronologie vernachlässigend eröffnet Zack seine CD jedoch nicht mit der Partita, sondern mit Béla Bartóks Sonate für Violine solo, die Bachs Violinsonate BWV 1005 nahe steht. Inspiriert durch Menuhins Interpretation dieses Werks, folgt Bartók mit der Viersätzigkeit und der Fuge an zweiter Stelle formal Bachs drei Violinsolosonaten. Zack selbst fühlt sich Bartóks Sonate besonders verbunden, da kein anderes Werk ihn „so anhaltend beschäftigt und gefesselt“, er kein anderes „so oft gespielt und aufgenommen“ hat. Vielleicht ist die hervorragende Bewältigung der Schwierigkeiten dieses Stücks der langen Reifezeit zuzuschreiben. Brillant reizt Zack die Tempi der Sätze aus und stimmt sie auch innerhalb der Sätze fein ab.
Nach der Bach-Partita springt Zack erneut über das romantische Virtuosentum hinweg und setzt mit drei weiteren Werken des 20. Jahrhunderts das hohe Niveau seines Spiels unvermindert fort: zunächst mit der Sonate Nr. 3 für Violine solo op. 27/3 von Eugène Ysaÿe, wie die Bach-Partita aus einem sechsteiligen Zyklus stammend und ebenfalls das bekannteste Werk dieses Zyklus. Mit der Sonate für Geige allein, dem ambitionierten, viersätzigen Frühwerk des eher abseits stehenden Komponisten und Geigenvirtuosen Nikos Skalkottas, wendet sich Zack einem weniger bekannten Repertoire zu. Die CD schließt mit dem Ysaÿe gewidmeten Rausschmeißer Rezitativo & Scherzo-Caprice op. 6 von Fritz Kreisler. Die vielen kurzen Phrasen des farbenreichen, eindrucksvollen Werks versteht Zack in einem dramatischen Bogen zusammenzuhalten. Dabei meistert er die Vielfalt der technischen Schwierigkeiten und musikalischen Gesten virtuos, feurig und präzise.
Obwohl von der Werkauswahl fast vollständig im Fahrwasser der bekannten sowie vielfach und herausragend eingespielten Violinsololiteratur, gelingt es Zack dennoch, eine überzeugende Einspielung vorzulegen: Auf höchstem Niveau drückt er den Werken seinen persönlichen Stempel auf.
Astrid Bernicke