Hermann, Matthias / Maciej Walczak

Erweiterte Spieltechniken in der Musik von Helmut Lachenmann

Rubrik: CD-ROMs
Verlag/Label: Breitkopf & Härtel BHM 297
erschienen in: das Orchester 11/2013 , Seite 76

Über die Jahrhunderte haben Komponisten und Instrumentalisten immer wieder neue Spieltechniken und Spezialeffekte für die Instrumente ausprobiert – von „Pizzicato“ und „Flageolett“ auf den Streichinstrumenten bis hin zu „Gedämpft“ und „Flatterzunge“ bei Blasinstrumenten. Mozart und Haydn verlangten bereits das col-legno-Spiel in einigen ihrer sinfonischen Werke. Kombinationstöne, auch Differenz- oder Summationstöne genannt, sind seit dem 18. Jahrhundert bei den Bläsern bekannt. Töne werden geblasen und gleichzeitig werden andere Töne gesungen, also ein mehrstimmiges Ergebnis. Anfang der 1970er Jahre wurde in der Musik sogar mit brennenden Klavieren experimentiert. Die Ideen für erweiterte Spieltechniken kennen keine Grenzen.
Diese Techniken können aber in Partituren und Einzelstimmen oft nur unzureichend notiert und beschrieben werden, im schlimmsten Fall sogar missverständlich. Die CD-ROM von Matthias Hermann und Marciej Walczak präsentiert erstmals in multimedialer Form die erweiterten instrumentalen Spieltechniken der Musik des in Stuttgart geborenen Komponisten und Kompositionslehrers Helmut Lachenmann. An Stelle des starr punktuellen Klangs treten verschiedene Arten von Klangtypen in seiner Musik auf. Die herkömmlichen Spielweisen sind mit Schlag-, Zupf-, Klopf- und Geräuschlos-Klängen verfremdet. Das ist für manchen Zuhörer provokant, für den Komponisten aber Befreiung und Protest zugleich. Der Drang nach musikalischer Unabhängigkeit von dem Einfluss seines italienischen Lehrers Luigi Nono und die politischen Unruhen der 1968er Jahre sind Gründe dafür. Auf dieser CD-ROM kann man in kurzen Filmbeispielen sehen und hören, wie die erweiterten Spieltechniken Lachenmanns ausgeführt werden und klingen sollen. Zusätzliche Fotos verdeutlichen Details.
Es gibt drei verschiedene Suchoptionen in der Datenbank: nach Instrument, nach grafischem Symbol oder nach Stichwort. Die Stichwortsuche kann bei älteren Partituren Lachenmanns, bei denen die Notation gegebenenfalls noch abweicht, besonders hilfreich sein. Man wählt zwischen den Sprachen Deutsch und Englisch und kann diese jederzeit auch wechseln. In der oben gezeigten Menüleiste wählt man das gewünschte Kapitel: allgemeine Hinweise, Spieltechniken, grafische Symbole, Stichwortsuche, Interviews oder Bildschirm drucken. Im Hauptkapitel Spieltechniken wählt man das gewünschte Instrument und die jeweilige Spieltechnik. Das entsprechende grafische Symbol und der beschreibende Text werden mittig und unten gezeigt. Die Video- und Fotobeispiele sind rechts im Bild.
Zwei Interviews mit Helmut Lachenmann bieten eine musikalische und musikgeschichtliche Perspektive auf der CD-ROM. Man hat auch die Möglichkeit, die gewünschte Seite auszudrucken.
Der Preis von 42 Euro für diese CD-ROM ist durchaus berechtigt.
Sie ist ein wertvolles Nachschlagewerk zu Praktiken der Musik Helmut Lachenmanns mit wichtigen Hinweisen für Dirigenten und Instrumentalisten sowie für Musikwissenschaftler und Lehrer.
Thomas Swartman