Tröndle, Martin

Entscheiden im Kulturbetrieb

Integriertes Kunst- und Kulturmanagement

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: h.e.p./Ott, Bern 2006
erschienen in: das Orchester 10/2006 , Seite 87

„Alles was in einer Organisation passiert, muss entschieden werden.“ Mit dieser Binsenweisheit beginnt der Autor sein erstes Kapitel unter der Überschrift „Theorie und Praxis des Kulturmanagements“. Doch was ist eigentlich das spezifische Problem, weswegen es sich lohnt, ein ganzes Buch über Entscheidungsabläufe in Kulturbetrieben zu schreiben?
Kulturmanagement ist eine vergleichsweise junge Disziplin, die sich erst in den vergangenen fünfzehn bis zwanzig Jahren entwickelt hat. Viele Themenbereiche, wie z.B. Kultur-Marketing, -Sponsoring, -Projektmanagement usw. wurden an Hand entsprechender Vorbilder unter anderem aus der Betriebswirtschaftslehre entlehnt und auf den Kulturbereich adaptiert. Doch diese Adaption findet ihre Grenzen dort, wo es um die eigentlichen kulturellen Inhalte selbst und deren Vermittlung geht. Ausgangspunkt für das ganze Buch ist also die Frage, welche spezifischen Steuerungs- und Entscheidungsmodelle für den Kulturbereich entwickelt werden können.
Was zunächst ein wenig theoretisch daherkommt, gewinnt im Verlauf der weiteren Lektüre durchaus praktische Relevanz. Zunächst einmal analysiert der Autor Organisationsstrukturen innerhalb von Kulturbetrieben, um dadurch den Rahmen für kulturspezifische Entscheidungsprozesse zu entwickeln. Der Leser, dem es hier zu komplex wird, wird durch so genannte „Kontrollfragen“ an die Hand genommen. Diese lauten z.B.: „Wie lässt sich das Profil des Hauses beschreiben?“ oder „Wie geht man mit Konflikten um?“ Dieser kleine „Trick“ ermöglicht eine persönliche Reflexion des Lesers über die zuvor ausgebreiteten theoretischen Ansätze. Eine wichtige Erkenntnis ist, dass – anders als in anderen Managementbereichen – „emotionale Faktoren nicht aus dem Entscheidungsprozess im Kulturmanagement ausgeschlossen werden“ können.
An Hand eines Fallbeispiels, der Gründung eines neuen Musikfestivals, entwickelt der Autor sodann verschiedene Handlungsfelder, Abgrenzungs- und Skalierungsmodelle, mit denen die erforderlichen Abwägungs- und Entscheidungsprozesse inhaltlich und visuell dargestellt werden. In einem weiteren Kapitel mit dem Titel „Entscheidungen zum eigenen Verhalten“ werden die nach außen, also außerhalb des Kulturbetriebes wirkenden Entscheidungsprozesse dargestellt und analysiert; hier geht es um Fragen wie Marktorientierung, Preisgestaltung und Kommunikation, wobei immer wieder sehr plastisch auf weitere aktuelle Fallbeispiele aus verschiedensten Bereichen des Kulturbetriebs abgestellt wird. Großen Umfang nimmt das Kapitel „Entscheiden zur Orga-nisation“ ein. Unter Erläuterung verschiedener Organisationsstrukturen und -modelle, strategischer Partnerschaften und Netzwerke werden zahlreiche Organisationsabläufe und mögliche Veränderungsprozesse – oftmals an Hand von Beispielen von Orchestern, Theatern und Opernhäusern – transparent gemacht. Kommunikationsstrukturen und Wissensmanagement (Nutzung moderner Computer- und Kommunikationstechnik) werden besonders angesprochen.
Im Kapitel „Entscheiden & Handeln“ schließlich fasst der Autor die wesentlichen Erkenntnisse und Ergebnisse zusammen, um zum Schluss wohltuend klar zu formulieren, dass an erster Stelle Kunst und Kultur stehen und erst dann das Management folgt. Hier geht es aber zukünftig um die Entwicklung ganzheitlicher Strategien. Dabei leistet das vorliegende Buch einen wertvollen Beitrag, sodass es nicht nur Kulturmanagern, sondern allen Entscheidern im Kulturbereich zur Lektüre empfohlen werden kann.
Gerald Mertens