Józef Koffler
En hommage
Fredrika Brillembourg (Mezzo), Daniel Wnukowski (Klavier), Polish String Quartet Berlin, Polish Sinfonia Iuventus Orchestra, Ltg. Christoph Slowinski
Wohl kaum ein Label hat sich seit seiner Gründung so stark für die Wiederentdeckung und Rehabilitierung von Werken vergessener polnischer Komponisten eingesetzt wie EDA Records. Die jüngste Veröffentlichung knüpft an das gewohnt hohe Niveau der bisherigen Produktionen an: Mit einem umfassenden Booklet und einer über zweieinhalb Jahrzehnte reichenden Werkauswahl widmet sich die CD dem von den Nationalsozialisten ermordeten Józef Koffler (1896-1944), der aufgrund einer synthetisierenden Lesart von Dodekafonie und Neoklassizismus einen ganz eigenen Stil entwickelte und damit zu den interessantesten Gestalten der modernen Musikszene seiner Zeit gehörte.
Das vielleicht überzeugendste Argument hierfür ist das außerordentliche Klavierkonzert op. 13 (1932). Nach energetischem solistischen Beginn entfaltet sich eine elektrisierende Musik, deren rhythmische Finessen der Pianist Daniel Wnukowski mit präzisem Vortrag adelt. Auch im Finale, das mit klar konturierten Linienführungen aufwartet, überzeugt die Interpretation durch Eleganz und Hervorkehrung unterschwelliger Ironie. Herz des Stücks ist jedoch das atmosphärische, vom Solisten stellenweise fast rhapsodisch frei angestimmte Notturno, das von zarten Streichertexturen voller Leuchtkraft und flirrenden Tonhöhenwechsel durchzogen ist.
Auch Kofflers Symphonie Nr. 2 op. 17 (1933) erweist sich als originelle Repertoireerweiterung: Jeder einzelne der vier kurzen Sätze wartet mit einer individuellen klangfarblichen Auslotung des kleinen Orchesters auf, wobei der Komponist immer wieder zu überraschen weiß und sich vor allem im Finale auch einiger ironischer Spitzen bedient.
Von Kofflers stilistischer Vielfalt zeugt darüber hinaus das suitenartige sechssätzige Streichquartett Nr. 2 op. 27 (Ukrainische Skizzen, 1941), dessen kompositorische Aneignung folkloristischer Quellen samt ihrer Ausformung zu untereinander stark kontrastierenden Stimmungsbildern mitunter an entsprechende Werke Bartóks erinnert.
Die beiden eingespielten Liedergruppen wiederum stehen stellvertretend für zwei unterschiedliche Pole von Kofflers Schaffen: Während die Zwei Lieder op. 1 (1917), früheste Komposition der CD, von verwehenden Spuren verschwenderischer impressionistischer Harmonik und arabeskenartigen Klavierwendungen durchzogen sind, hat Koffler mit den Quatre poèmes op. 22 (1935) eine stark konzentrierte, harmonisch herbe Musik geschaffen, die sich durch Verzicht auf überflüssige Elemente auszeichnet.
Entstanden ist hier eine auch von interpretatorischer Seite her rundum gelungene Produktion, mit der das Label seine außerordentliche Reihe von Entdeckungen fortsetzt. Die gelungene Mischung lässt Koffler als einen Komponisten auferstehen, dessen Schaffen eindeutig in den Konzertsaal gehört. Eigentlich kaum zu glauben, dass bislang keines der Stücke auf CD eingespielt wurde.
Stefan Drees