Mussorgsky, Modest

Eine Nacht auf dem kahlen Berge für Holzbläserquintett

bearb. von Joachim Linckelmann, Partitur und Stimmen

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Bärenreiter, Kassel 2014
erschienen in: das Orchester 07-08/2014 , Seite 74

Modest Mussorgskys sinfonische Dichtung Eine Nacht auf dem kahlen Berge wird heute überwiegend in der großformatig besetzten Orchestrierung von Rimskij-Korsakow zu Gehör gebracht, obwohl Mussorgsky das Werk, das eine längere Entstehungsgeschichte aufweist, auch selbst instrumentiert hat. In Rimskij-Korsakows Fassung wird das Sujet des Hexensabbats mit spukhaften Elementen, Tänzen, dem Erscheinen des Teufels und dem Feiern einer schwarzen Messe eindrucksvoll mit allen zur Verfügung stehenden Klangfarben eines romantischen Orchesters und effektvollem Schlagzeugeinsatz inszeniert.
Die Version von Rimskij-Korsakow ist auch die Vorlage für Joachim Linckelmann. Seine Bearbeitung für die wesentlich kleinere Formation eines Holzbläserquintetts folgt minutiös der Partiturvorlage. Es bedurfte bei der Reduktion nur kleiner Eingriffe in Form von Uminstrumentierungen oder Vereinfachung von Rhythmen, da die Solostimmen der Orchesterholzbläser fast durchgängig die kompositorische Essenz enthalten und somit im Wesentlichen übernommen werden konnten. Nur die Hornpartie weicht deutlicher von der Orchesterstimme ab.
Die Reduktion schränkt natürlich die Intensität, die Ausdrucksfülle und den Klangfarbenreichtum ein. Besonders vermisst man die Schlagzeugeffekte, aber auch die Bläsertrillerketten (T. 351 ff.) wirken nur mit Flöte besetzt weniger schaurig. Dafür kann die Bläserquintett-Fassung die Konzentration auf die tonmalerische, motivische Gestaltung intensivieren.
Das Arrangement entfernt sich zwar inhaltlich nicht von der Nacht auf dem kahlen Berge, aber das dargestellte Geschehen der Johannisnacht wird eher als eine Erinnerung daran wahrgenommen, und auch das gelingt nur, wenn ein perfekt eingespieltes (semi-)professionelles Bläserquintett mit rasantem Tempo und energievollem Spiel durch die Partitur jagt. Hilfreich ist dabei, dass es im Klarinettenpart Alternativen für die A-Klarinette gibt.
Angesichts der vielen Arrangements stellt sich auch hier die Frage nach dem Stellenwert im Musikleben (angesichts von fast viertausend originalen Kompositionen für Bläserquintett). Verwendung könnte Eine Nacht auf dem kahlen Berge – wie auch die vielen anderen Arrangements von Orchesterwerken, die der Bärenreiter Verlag mit Joachim Linckelmann für Bläserquintett herausgibt – in der Konzertpädagogik z.B. bei Education-Projekten finden, um mit der abgespeckten Version Appetit auf das Original zu machen.
Heribert Haase