Alexander Zemlinsky
Eine Florentinische Tragödie
Rachael Wilson (Mezzosopran), Benjamin Bruns (Tenor), Christopher Maltman (Bariton), Münchner Rundfunkorchester, Ltg. Patrick Hahn
Neben dem Zwerg war die Florentinische Tragödie in den 1920er Jahren noch die meistgespielte Oper von Alexander Zeminlinsky. Als Komponist, Lehrer (u. a. von Erich Wolfgang Korngold) und als Chef des Deutschen Theaters in Prag war Zemlinsky höchst erfolgreich, starb aber dennoch vereinsamt in der Emigration in den USA. Seine Florentinische Tragödie ging 1917 in Stuttgart zum ersten Mal in Szene, wurde erst in den späten 1970er Jahren wieder „entdeckt“. Es ist ein Einakter nach Oscar Wilde, eine Beziehungs- und Eifersuchtsgeschichte im Renaissance-Dekor, typisch für das Fin de siècle.
Die Szene spielt in Florenz: Der Kaufmann Simone kehrt früher als gedacht von einer Geschäftsreise zurück und findet seine Frau Bianca im Tête-à-Tête mit dem Prinzen von Florenz. Es entspinnt sich ein Dialog. Hier tritt der Prinz als selbstbewusster Liebhaber auf, doch der Kaufmann umgarnt den Nebenbuhler und verkauft ihm edle Gewänder. Bianca, die Frau des Kaufmanns, verhöhnt ihren Mann. Als es schließlich zum Duell kommt, erwürgt der Kaufmann den Prinzen. Im Anblick der Leiche sind die letzten Sätze des Stücks: „Warum hast du mir nicht gesagt, dass du so stark?“ Und Simone: „Warum hast du mir nicht gesagt, dass du so schön?“
Es ist eine schillernde Partitur, ein überaus dicht instrumentiertes Konversationsstück mit einem effektvollen Finale. Viele Aufnahmen des Werks gibt es derzeit nicht auf dem Markt. Umso verdienstvoller ist es, dass der Mitschnitt des Konzerts im Prinzregententheater vom November 2022 nun im Eigenlabel des Bayerischen Rundfunks auch auf CD veröffentlicht wurde. Um ein Vielfaches umfangreicher als die beiden anderen Partien ist die des Simone. Christopher Maltman, bekannt u. a. als Protagonist der Salzburger Festspiele, gelingt – wie auch den beiden anderen Solisten – ein eindrucksvolles und sehr textverständliches Rollenportrait. Auch wenn das Orchester nicht so groß besetzt ist wie bei Elektra oder Salome, nutzt Zemlinsky ähnliche Farben und ähnliche Instrumentationseffekte. Durch die Aufnahmetechnik hört man die Solist:innen im Vordergrund. Das ist bei einem Konversationsstück sinnvoll, rückt aber die Rolle des Orchesters etwas in den Hintergrund und lässt manche der Feinheiten der Partitur nur erahnen. In der von Patrick Hahn, dem ersten Gastdirigenten des Münchner Rundfunkorchesters, dirigierten Aufnahme hört man so die schillernden Farben des Orchesters, vor allem des Streicherapparats, eher gedämpft.
Ein lesenswertes Booklet, in dem man sich lediglich wenige Hinweise auf die Gesangssolist:innen gewünscht hätte, rundet die CD ab. In den Streaming-Diensten ist die Aufnahme auch online zu hören.
Gernot Wojnarowicz