Bönig, Winfried / Tilmann Claus

Ein musikalisches Sammelsurium

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: C.H. Beck, München 2010
erschienen in: das Orchester 01/2011 , Seite 62

Ein herrlich unnützes, aber dennoch unentbehrliches Kompendium über bekannte Dinge und voll von beantworteten Fragen, die man sich nie gestellt hat, ist dieses willkürlich zusammengewürfelte Sammelsurium. Daten, Anekdoten, Aphorismen, Sentenzen, Notenblattformate, Sitzordnungen in Orchestern, Tonartencharakteristika, Falsifikate, Miniporträts von Komponisten und Musikern – kurzum: Rund um die Musik gibt es fast nichts, was nicht irgendwo in diesem Büchlein zu finden wäre – bis hin
zu Gagen und Gema. Man muss nur eifrig danach suchen. Beispielsweise nach Musikern, die zu Mördern wurden, nach der juristischen Beurteilung der Schandtaten in Wagners Ring, nach der Modellpalette diverser Klavierbauer wie Steinway, Bösendorfer oder Yamaha. Weiß auch der Bibelfesteste, welche Instrumente im Buch der Bücher erwähnt werden?! Oder der Opernfreund, was eine Rampensau ist?
Doch nicht immer sind die angeführten Fakten auch belastbar, die professoraler Spürsinn zutage gefördert hat. Wenn Musikschulen laut institutioneller Selbstauskunft „öffentliche gemeinnützige Einrichtungen der musikalischen Bildung für Kinder, Jugendliche und Erwachsene“ sind, dann soll Berlin davon nur eine haben?! Tatsächlich sind’s zwölf.
Unter „Deutsche Opernhäuser“ sind auch Mehrspartentheater aufgeführt, vorzugsweise solche, die in Altbundesland angesiedelt sind. Unverzeihlich auch, in der Rubrik „Berühmte Musiker, die am Moskauer Konservatorium studiert oder unterrichtet haben“ jenen legendären David Oistrach zu unterschlagen, der dort vierzig (!) Jahre lang pädagogisch tätig war. Warum keine Auflistung von Künstlern, die an der Juilliard Music School New York lernten und lehrten? Und zu Maria Callas: Ihre Ruhestätte soll noch immer der Pariser Friedhof Père Lachaise sein, wo doch ihre Asche in einer ergreifenden Zeremonie am 3. Juni 1979 ins Ägäische Meer gestreut wurde.
Unergründlichem Ratschluss der Autoren (oder war’s der Einsatz eines Zufallsgenerators?) ist zu verdanken, wer und was ins Sammelsurium aufgenommen werden sollte/durfte/konnte/musste. Und so finden sich neben Bartträgern und Hosenrollen auch Hinweise für Briefeschreiber (Beethovens Wohnadressen), für Berufswechsler (einige Dirigierfiguren), für Erbsenzähler (eine Auflistung von Stücken in den willkürlich gewählten Tonarten d-Moll und Es-Dur) und für Relativitätsfans (buchtitelgebender Eintrag „Einsteins Geige“ nebst dessen Verhältnis zur Musik). Dass an „Lärmbelästigung“ unter 80 bis 100 dB im Orchestergraben nichts statt­findet, erfährt man genauso wie die facettenreichen Stimmfächer von
Sängern.
Leider ist das zusammengetragene Allerlei, das finaliter „Zur Entspannung ein Sudoku für Musikliebhaber“ offeriert, sehr schlecht lektoriert respektive redigiert, denn es strotzt von Druckfehlern, falschen Schreibweisen von Vor- und Nachnamen russischer Künstler und Tonsetzer. Der Empfehlung des Verlags, das Büchlein möge in keiner Bibliothek fehlen, mag der Rezensent nur bedingt folgen.
Peter Buske