Sikorski, Christian
Die Welt der vier Saiten
Eine Betrachtung des Violinspiels, mit DVD
An Violinschulen und Traktaten über das Geigenspiel herrscht im Prinzip kein Mangel. So begegnete ich der Lektüre von Christian Sikorskis Buch zunächst mit einer gehörigen Portion Skepsis, die sich allerdings bereits nach einem ersten Durchblättern schnell verflüchtigte. Zunächst sind es zwei Charakteristika, die für den Autor einnehmen: eine einfache, allgemein verständliche Sprache sowie ein sympathisch bescheidener Verzicht auf erschöpfende Vollständigkeit und jegliche Attitüde, das Rad neu erfunden zu haben (siehe die zahlreichen Referenzen an Galamian). Er wendet sich ausdrücklich an junge begabte Geiger und Studienanfänger, denen er ein Nachschlagewerk an die Hand geben möchte.
Was Sikorski Professor für Violine an der Hochschule für Musik in Stuttgart im Detail an Analysen und Tipps anzubieten hat, reflektiert die Erfahrung einer über 20-jährigen pädagogischen Tätigkeit, hat Hand und Fuß und befindet sich auf der Höhe der Zeit. Knapp, aber übersichtlich werden grundlegende Mechanismen und Spieltechniken (Geigen- und Bogenhaltung, die hauptsächlichen Bewegungsabläufe beider Hände) beschrieben und auf der beigegebenen DVD vom Meister und einigen seiner Schüler kompetent demonstriert. Bei aller Beschäftigung mit Lagenwechseln, Stricharten, Pizzicato rechts und links, Vibrato usw. verliert Sikorski nie den Bezug zur Musik aus dem Auge, werden Analyse und Erklärung geigentechnischer Spezifika nie zum Selbstzweck.
Wichtig ist ein Kapitel, das sich mit zweckmäßigem Üben ich nenne es Übehygiene befasst; wertvolle Vorschläge und Tipps finden sich zu einer Fülle weiterer Fragen vom natürlichen Atmen über das Stimmen, das Auswendigspiel bis hin zum Partitur- und Textstudium mit und ohne Instrument. Mit interessierter Neugier habe ich einige mir bislang nicht bekannte Übungen des Kollegen zur Kenntnis genommen, dankbar ist man gleichfalls für eine Reihe neuer Sprachbilder, den Wortlaut mancher Beschreibung, der ergänzend zum eigenen Repertoire Eingang in den Unterricht finden kann.
Es liegt in der Natur der Sache, dass man in Bezug auf Details seine eigene, eventuell andere Sicht der Dinge haben mag, den ein oder anderen Punkt könnte man sich eingehender behandelt vorstellen (so hätte ich gerne mehr über Bogenwechsel am Frosch erfahren und wünschte mir auch das Martellé nicht ganz ausgespart). Insgesamt kann man zu dieser gelungenen Arbeit nur gratulieren.
Herwig Zack