Gelinek, Joseph

Die Violine des Teufels

Thriller

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Knaur, München 2011
erschienen in: das Orchester 10/2011 , Seite 61

Morde im Musikermilieu sind selten. Zumindest in Kriminalromanen. Vielleicht auch, weil die Kenntnisse eines Autors nicht nur über die musizierenden Künstler selbst und über die Art ihres Berufs, sondern ganz besonders über ihre Instrumente und über die Musik selbst und ihre Historie fundiert sein müssen. Dafür schien jener spanische und musikwissenschaftlich gebildete Autor bestens geeignet zu sein, der unter dem Pseudonym des österreichischen Pianisten, Komponisten und Beethoven-Zeitgenossen Joseph Gelinek nach dem Roman Die 10. Sinfonie nun mit einem neuen Roman an die Öffentlichkeit getreten ist.
Der diabolische Titel in Verbindung mit einer Violine lässt rasch durchblicken, um was es in diesem Thriller geht: um den „Teufelsgeiger“ Niccolò Paganini und seine Stradivari. Wer aber nun annimmt, es handelt sich um einen historischen Roman, der sieht sich getäuscht. Eine Geige und der gruselig dargestellte „Diabolus in Musica“ Paganini spielen lediglich eine periphere Rolle, der satanische Hauch aber reicht – ein wenig klischeebeladen, aber wirkungsvoll – bis in die Gegenwart hinein. Im Vordergrund steht natürlich ein entsetzlicher Mord.
In der Pause eines Konzerts, das zufälligerweise ein Kommissar und sein Sohn besuchen, wird die hochberühmte Geigerin Ane Larrazábal tot aufgefunden. Der verwitwete Polizist selbst hat von Musik kaum Ahnung – außer dass er Musik von den Beatles hört – und wird wie zu erwarten mit dem Fall betraut. Der Sohn – ein 13-jähriger Violinschüler am Konservatorium und überdies mit dem legendären Pablo Sarasate verwandt – bekommt in der Aufklärung eine entscheidende Schlüsselrolle zugewiesen.
Das Musikermilieu wird vom Autor treffend geschildert, wenngleich manche Erklärungen etwas gewollt herüberkommen. Die flüssig geschriebene Handlung wird mit den Namen vieler berühmter Künstlerpersönlichkeiten wirklichkeitsecht eingebunden und verfolgt zunächst zwei, später kurz drei Handlungsstränge. Dabei schwingt stets etwas Düsteres und Unheimliches mit: von einem Teufelspakt à la Dr. Faustus von Thomas Mann ist die Rede. Auch weitere Todesfälle umflort der Hauch des Schauerlichen, womit Gelinek den Leser bei Atem hält. Neben guter Recherche des Kommissars wirkt manches dagegen zurechtgemacht, einige Zusammenhänge werden wie von einem Deus ex machina verknüpft, Übersinnliches, wie das Erspüren eines bestimmten Duftes, wird mit sachlicher Hilfe einer flirtbereiten Orchestermusikerin vermengt. Der Fall wird schließlich spannend gelöst.
Wer der Mörder ist, was ihn angetrieben hat und was schließlich aus der Stradivari wird, muss der geneigte Leser selbst in Erfahrung bringen. Kleine Fehler können passieren – wie z.B. den Vornamen des Komponisten Ernest Bloch ohne zweites „e“ zu schreiben und damit aus ihm versehentlich einen Philosophen zu machen. Nervig ist allerdings, dass insgesamt fünf Mal das wichtigtuerische „größte[r] … aller Zeiten“ auftaucht. Und dann hebt der Autor auch noch die Unterscheidung zwischen „Popmusik“ und „Klassik“ auf…
Werner Bodendorff