Rueger, Christoph

Die klingende Meistergalerie

77 höchst persönliche Komponistenportraits: von Palestrina bis Bernstein

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Kindler, Berlin 2003
erschienen in: das Orchester 03/2004 , Seite 77

„Musik kann so vieles sein: ein klingendes Vergnügen, ein willkommener akustischer Hintergrund, Medium zu ausgelassenem bis zärtlichem Tanz, Gottesdienst…“ Dieser Vielfalt versucht Christoph Rueger, Professor für Musiktheorie und Moderator an verschiedenen Hörfunksendern, in seinem Buch Rechnung zu tragen – indem er sich den Menschen hinter den Kompositionen widmet und nicht nur ihren persönlichen Werdegang, sondern auch ihre musikalische Bedeutung durchleuchtet.
Insgesamt 77 Komponistenporträts hat Rueger zusammengetragen. Der Bogen spannt sich dabei von der Renaissance bis in die Neuzeit, umfasst die italienischen Musiker des Barock ebenso wie die Vertreter der Klassik und Romantik und die großen Namen des 20. Jahrhunderts, George Gershwin etwa oder Kurt Weill. Dabei versucht der Autor, neben den bekannten Meistern auch weniger populäre Komponisten zu ihrem Recht kommen zu lassen.
Ein Kapitel widmet er dem Meister der fantastischen Literatur,
E. T. A. Hoffmann, der neben seiner schriftstellerischen Arbeit auch Opern und Singspiele, Klaviersonaten und kammermusikalische Werke hinterlassen hat; ein anderes den katalanischen Komponisten Isaac Albéniz und Enrique Granados, deren „geschliffenen Klavierstil“ Rueger besonders würdigt.
Freilich: Für detaillierte Lebensbeschreibungen lässt die große Vielfalt der vorgestellten Musiker wenig Raum und mitunter sind die Porträts kaum mehr als ein flüchtiger Überblick über Leben und Werk des jeweiligen Meisters. Tatsächlich aber geht es dem Autor um eine musikalische Einordnung der Künstler, um ihre Stellung innerhalb der Musikgeschichte und den Einfluss, den sie auf die Nachwelt ausübten.
Und so ist Ruegers Buch mehr als nur ein amüsantes Nachschlagewerk – es ist vor allem ein musiktheoretischer Streifzug durch die Jahrhunderte, aus dem sich eine in sich logische kompositorische und stilistische Entwicklung ablesen lässt. Auf Vollständigkeit erhebt der Autor dabei keinen Anspruch, nach eigenem Bezeugen geht es ihm um etwas anderes: „Wichtig erschien mir, immer wieder zu zeigen, dass wahre klassische Musik – als wetterfestes Klanggut und gewonnene Lebens-, Leidens- und Liebeserfahrung – bei allem ,hirngestützten‘ und unverzichtbaren Handwerk auch und vor allem aus dem Herzen des Komponisten kommt.“
Irene Binal