Mozart, Wolfgang Amadeus

Die Klavierkonzerte, Vol. 6

Nr. 13 C-Dur KV 415 / Nr. 26 D-Dur KV 537

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Arte Nova 74321 98494 2
erschienen in: das Orchester 05/2005 , Seite 79

Vergesst die Heiterkeit nicht! So scheint die Aufforderung der ersten Takte zu lauten, mit denen Matthias Kirschnereit seine im Jahr 2000 begonnene Gesamteinspielung von Mozarts Klavierkonzerten auf der vorliegenden CD bei Arte Nova fortsetzt. Im Kopfsatz des C-Dur-Konzerts KV 415 vermittelt sich die Spielfreude bereits im ersten Ton und wird von den Bamberger Symphonikern unter der Leitung von Frank Beermann vollkommen mitgetragen. Hier lebt die Melodie mit mitreißender Vitalität, darf alles sprudeln, fließen, blühen.
Und doch ist es kein Virtuositätsrausch, den der in Namibia in einem geistlichen Hause aufgewachsene Pianist, der sich unter anderem für Fußball interessiert, hier vorführt. Denn das, was hier erlebbar wird – das erfährt der aufmerksame Hörer bald –, ist keine vordergründige Heiterkeit, die dort aus dem Steinway-Flügel strömt, sondern eine kultivierte, die eine Schwester hat: die Freude an klaren Strukturen. Kirschnereits Mozart bleibt stets hart an der Linie, zuweilen wirkt er potenziert diszipliniert wie im Andante, aber nie erschöpfend, und alsbald wissen wir wieder, was das Motto war: Vergesst die Heiterkeit nicht!
Das rund fünf Jahre jüngere „Krönungskonzert“ D-Dur KV 537, das seinen Namen durch Mozarts Auftritt bei den Krönungsfeierlichkeiten von Kaiser Leopold II. am 15. Oktober 1790 in Frankfurt erhalten hat, imponiert zunächst durch gestochen scharfe Läufe nach ebenso deutlicher Orchestereinleitung. Logisch wird Geigengesang von akzentuierten Klavierakkorden abgelöst, die Dramaturgie des Stücks scheint stimmig nachgezeichnet, enthält als Bonbons aber auch energiegeladene Überraschungen, die erfreuen. Orchester und Solist stehen in wunderbarem Einklang zueinander, überhaupt scheint das Zusammentreffen von Kirschnereit mit Beermann und den Bamberger Symphonikern für Mozart ein Glücksfall zu sein, scheint der eine Partner doch zu denken, was der andere meint, und beide wollen offenkundig eines: Mozart nicht verzärteln.
So sind sich beide plötzlich über Schlichtheit einig, die fast den kargen Charakter einer Übungsstudie hat. Matthias Kirschnereit spielt den Beginn des Larghetto wie eine leichte Sonatine, und der Hörer ahnt plötzlich einmal mehr, was Mozart so genial macht. Augen zu und genießen. Pianist und Orchester machen es leicht.
Und dann muss man die Augen wieder öffnen, weil alle Sinne angesprochen sind: Das Allegretto ist Melodienfeuerwerk, kontrolliert zwar, aber bunt, atemberaubend zügig, dennoch jeder Ton nachvollziehbar. Hier darf gesteigert werden, was sowieso schon prächtig ist, glänzt jeder Ton mit festlichem Funkeln. Das Orchester zündet die Kerzen an, aber leuchten darf der Pianist. Und bei aller Reife, die in dieses Werk Mozarts eingeflossen ist, geht auch hier das Motto nicht verloren: Vergesst die Heiterkeit nicht!
Sabine Kreter