Veit, Joachim mit Eveline Bartlitz und Dagmar Beck (Hg.)
“…die Hoffnung muß das Beste thun.”
Die Emser Briefe Carl Maria von Webers an seine Frau
Gewissermaßen als Nebenprodukt ihrer Editionsarbeit haben die Mitarbeiter der Carl-Maria-von-Weber-Gesamtausgabe ein Bändchen mit den Briefen herausgegeben, die der an Tuberkulose erkrankte Komponist im Sommer 1825 weniger als ein Jahr vor seinem Tod aus dem Kurort Bad Ems an seine Frau Caroline in Dresden sandte. Die 16 Briefe sind als Farbfaksimiles reproduziert sowie in nahezu diplomatischer Form auch transkribiert. Ein ausführlicher Kommentar zu Webers biografischer Situation, historischem Hintergrund und den in den Briefen erwähnten Personen rundet das Gesamtbild ab.
Die bisher fast vollständig unveröffentlichten Briefe sind vor allem für die Person Webers von hohem Interesse: In vertraulichem Ton berichtet er seiner Frau von der Reise und vom Kuraufenthalt, sehr ungeschminkt, aber ohne Wehleidigkeit auch über seinen Gesundheitszustand, schließlich mit leichter Neigung zum Klatsch auch über die anwesenden Persönlichkeiten (Bad Ems auch das lernen wir aus den Briefen zog im frühen 19. Jahrhundert durchaus die Lungenkranken aus der High Society an). Von Musik ist dagegen nur gelegentlich die Rede, als wollte sich der Komponist auch von seinen beruflichen Aufgaben etwas erholen; während jedoch die Komposition des Oberon durch die Kur unterbrochen wurde, dokumentiert der Briefwechsel gleichwohl, dass sich Weber auch von Ems aus um die Verbreitung und Publikation seiner Werke bemühte.
Die Edition nutzt die Vorteile der modernen Reproduktionstechnik in zweierlei Form: Erstens können durch den Digitaldruck die Faksimile-Reproduktionen in einer Qualität wiedergegeben werden, die bislang weit höheren technischen Aufwand erfordert hätte; zweitens erscheint das Buch als Book on Demand, was die Publikation angesichts eines doch begrenzten Interessentenkreises wohl überhaupt erst ermöglicht hat. Gerade in diesem Verfahren könnte die Zukunft der Buchpublikation für kleine Spezialmärkte liegen. Die Ausstattung des Bändchens straft zudem alle Vorurteile gegen Books on Demand Lügen qualitativ hochwertige Reproduktionen auf festem Papier nicht nur von allen Briefen, sondern zahlreiche ergänzende Abbildungen, Fadenheftung, Schutzumschlag: ein Aufwand, der allerdings auch mit einem relativ hohen Preis zu bezahlen ist.
Angesichts des diesbezüglichen Renommees der Weber-Forschungsstelle erübrigt es sich beinahe, die Qualität der Edition zu loben: Die Transkriptionen sind ohne Fehl und Tadel, das Layout übersichtlich (auch dadurch, dass die Brieforiginale und die Übertragungen jeweils nebeneinander erscheinen), die Kommentare erschöpfend. Unverständlich ist allein die Entscheidung, die Brief-Faksimiles jeweils in einen breiten dunklen Rand einzufassen; das macht sich optisch sehr gut, bewirkt aber, dass die Briefe in einem ohnehin nicht sehr großen Buchformat so stark verkleinert wiedergegeben werden, dass sie machmal kaum noch leserlich sind. Gleichwohl: Veit und seine Kollegen haben vorgemacht, wie man mit vertretbarem Aufwand ein ansehnliches und informatives Buch produzieren kann, das eine Wissenslücke über einen der wichtigsten deutschen Komponisten des 19. Jahrhunderts auf erfreulichste Weise füllt.
Thomas Schmidt-Beste