Knecht, Justin Heinrich
Die Aeolsharfe oder Der Triumph der Musik und Liebe
Romantische Oper in vier Akten
Der Umzug vom kulturell provinziellen Biberach nach Stuttgart, dem damaligen Sitz der württembergischen Könige, war für den Komponisten Justin Heinrich Knecht (1752-1817) nicht von Erfolg gekrönt. Denn der in seiner Heimatstadt Biberach früh erfolgreiche Musiker er schrieb für das dortige Theater u.a. eine “Entführung aus dem Serail” (!) , Lehrer und Musiktheoretiker scheiterte in Stuttgart in den Jahren 1806 bis 1808 trotz seines in Fachkreisen beachtlichen Rufs an den Widerständen am Hoftheater. Zwar wurde Knecht 1807 von König Friedrich I. noch als Direktor beim Orchester angestellt, doch die Verpflichtung von Franz Danzi als erstem Hofkapellmeister und Orchesterdirektor Müller im gleichen Zeitraum führte dazu, dass der beim Orchester und offensichtlich auch der Theaterverwaltung wenig gelittene Knecht nach Biberach zurückversetzt wurde.
Als er 1817 in seiner Heimatstadt starb, hinterließ Knecht ein beachtliches uvre, darunter auch eine Pastoral-Sinfonie, die programmatische Inhalte von Beethovens Sechster vorwegnahm. Als Frucht seiner Stuttgarter Jahre blieb zudem eine romantische Oper in vier Akten, !Die Aeolsharfe oder Der Triumph der Musik und Liebe”, erhalten. Das anspruchsvollste Musiktheaterwerk Knechts wurde wahrscheinlich wegen der Widerstände in Stuttgart nie aufgeführt. Lange lag die Oper unbeachtet im Biberacher Wieland-Archiv. Nach 200 Jahren hat Frieder Bernius sie nun dem Staub der Archive entrissen und in einem auf zwei Konzerten basierenden Livemitschnitt als Ersteinspielung vorgelegt.
Bernius kürzte die auf holprigen Versen von Nikolaus Remmele (1773-1811) basierende Oper von 3 Stunden 45 Minuten nicht zu deren Schaden auf deutlich unter drei Stunden. Das Werk handelt von der legendären Windharfe, die vom König als heiliges Instrument eingestuft wird und das von einer Jungfrau bewacht wird, die mit dem Tod bestraft werden soll, wenn die Aeolsharfe Schaden nimmt. Auf den Diebstahl des Instruments folgen Liebeshändel und Krieg. Aber natürlich wendet sich alles zum Guten beim Klang der Aeolsharfe behalten Versöhnung und Menschlichkeit die Oberhand. Musikalisch orientiert sich Knecht stark an Mozart (Entführung aus dem Serail) und Haydn, seine Oper zeigt aber auch schon romantische Einflüsse. Dabei bewahrt sich der Biberacher Komponist durchaus Eigenständigkeit. Von einem Provinzkomponisten kann hier kaum die Rede sein.
Frieder Bernius am Pult seines Originalklangensembles Hofkapelle Stuttgart sorgt für frisches, sehr transparentes Musizieren, das auch infolge des hohen Orchesterniveaus kaum Wünsche offen lässt. Die gilt auch für die Qualität des Kammerchors Stuttgart. Bernius hat zudem ein beachtenswertes Sängerensemble mit jungen, frischen Stimmen zusammengestellt. Christina Landshamer begeistert mit farbenreichem, sehr beweglichem lyrischen Sopran. Mark Adlers geschmeidiger Tenor steht dem kaum nach. Aber auch das weitere vom Bass Thomas E. Bauer angeführte Ensemble kann durch sein insgesamt hohes Niveau überzeugen. Fazit: Bernius ist eine bedeutende Ausgrabung gelungen, die weitaus mehr überzeugt als seine jüngste Einspielung des Schubert-Fragments Sakontala.
Walter Schneckenburger