Schubert, Franz

Der Triumph der Liebe

The Complete Choral Works for Male Voices, Vol. 2. Christoph Prégardien (Tenor), Andreas Frese (Klavier), Veronika Hagen/Lena Eckels (Viola), Yves Sandoz/Lilian Mann (Violoncello), Petru Iuga (Kontrabass), Camerata Musica Limburg, Ltg. Jan Schumacher

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Genuin GEN 16410
erschienen in: das Orchester 11/2016 , Seite 66

Mit Der Triumph der Liebe legt die Camerata Musica Limburg unter Jan Schumacher die zweite CD einer Gesamtaufnahme von Franz Schuberts Männerchören vor. Ansprechende Schülerarbeiten wechseln ab mit reifen Werken, Liebeslieder alternieren mit heroisch-kriegerischen Sujets und philosophischen Stücken. Insofern ist der CD-Titel etwas einseitig. Achtzehn Sätze sind a cappella, acht mit Klavier, davon die Hälfte mit Tenor-Solo. Nur die ausgedehnte Goethe-Komposition Gesang der Geister über den Wassern D 714 benötigt neben einem achtstimmigen Männerchor eine ungewöhnliche Streicherbegleitung.
Die gewählte Liedabfolge wirkt ausgesprochen unterhaltsam. Gleichzeitig sind die Lieder bewegtes und bewegendes Zeugnis einer Ära, in der das gesellige Musizieren über schlechte Lebensbedingungen und unerfreuliche politische Zustände hinwegtröstete und als Vorschein einer besseren Welt erschien. Die patriotischen Aufwallungen der Befreiungskriege kommen noch zum Vorschein – teilweise mit weberschem Schwung komponiert. Klopstocks Ode Schlachtlied liegt sogar in zwei verschiedenen Vertonungen vor. Erstaunlich offen und eindringlich schildert Der Krieger D 822 die Depression der Kämpfer nach dem enttäuschenden Ausgang. Eindrucksvoll ist auch Zur guten Nacht D 903, das einen geselligen Abend mit einem Dank an den Wirt, einem Hoch auf Freundschaft und Kunst und dem Gedanken an den möglichen Tod eines Freundes beschließt. Wie hier in ruhiger Heiterkeit Sterblichkeit und geringe Lebenserwartung in den Blick genommen werden, berührt angesichts von Schuberts frühem Tod um so mehr.
Die Männer der Camerata Musica Limburg singen homogen, sauber, mit hoher Textdeutlichkeit, Stilgefühl und angenehm weichen Höhen. Manchmal irritieren lang ausgehaltene Töne, die statisch wirken, anstatt den Spannungsbogen abzuschließen oder ihn weiterzuführen. Christoph Prégardien fügt sich als Solist sensibel ein. Andreas Frese ist nicht nur ein gewiefter Klavierbegleiter, sondern hat auch einen instruktiven Einführungstext verfasst, bei dem der Lektor einige Grammatikfehler übersehen hat.
Die Klage um Ali Bey D 140 erscheint mir nicht als Beispiel von Humor, sondern eher von grimmiger Ironie. Wirklich witzig ist dagegen Wein und Liebe D 901. Das lateinische Trinklied aus dem 16. Jahrhundert D 847 stammt aus den mittelalterlichen Carmina Burana und findet sich – viel rauschhafter und durch weitere Strophen ergänzt – auch bei Carl Orff.
Nicht immer zuverlässig sind die englischen Übersetzungen der deutschen Liedtexte, und auch die deutsche Übersetzung der italienischen Goldoni-Strophe La pastorella al prato D 513 suggeriert ein romantisches Idyll, wo eine doppelbödige Komödienszene gemeint sein dürfte.
Andreas Hauff