Funke, Klaus
Der Teufel in Dresden
Ein Paganini-Roman
Von Niccolò Paganini (1782-1840), dem italienischen Geiger und Komponisten, dessen exorbitante Virtuosität seine Zeitgenossen staunen machte und dessen Werke weniger ob ihrer Originalität denn ob ihrer außerordentlichen technischen Anforderungen an die Spieler in die Musikgeschichte eingegangen sind, erzählt der Dresdner Hörfunk- und Romanautor Klaus Funke in seinem Roman Der Teufel in Dresden.
Paganini ist eine Figur der Musikgeschichte, über die wenig gesichertes biografisches Material existiert, an der immer wieder vor allem das Dämonische, Dunkle und Obsessive Interesse hervorgerufen hat. Nicht umsonst hat auch Klaus Kinski in dem Violinvirtuosen sein kongeniales Alter Ego entdeckt und den Film Kinski Paganini über Paganini gedreht, in dem Kinski die Hauptrolle spielt.
Auch im vorliegenden Roman wird Paganini zunächst als Dämon vorgestellt. Eine kurze Einleitung zeigt den Knaben Niccolò 1796 in dem Jahr, in dem Napoleon in Italien einzieht und den Bewohnern des Landes Freiheit und Reichtum verspricht als von der Musik besessenen, von väterlicher Tyrannei unterdrückten und rebellischen Jungen. Dann springt die Handlung ins Jahr 1831.
Paganini unternimmt eine Konzertreise durch Europa, die ihn auch in zahlreiche Städte Deutschlands führt. Er hat nun Quartier in Dresden genommen, um dort an der sächsischen Hofoper zu konzertieren. Funke lässt Paganini zunächst nicht selbst in Erscheinung treten, sondern das Kammermädchen und den Kellner im Hotel in ihren Unterhaltungen schaurige Gerüchte über den Komponisten wiedergeben, die so kann man unschwer erahnen zunächst eine Mythenbildung vorantreiben, wie sie sich auch in der historischen Realität ähnlich abgespielt haben könnte.
Im Roman entpuppt sich Funkes fiktiver Paganini leider nicht allzu schnell dann doch als ein Musiker mit Herz, der dem armen Kammermädchen eine Karte für das abendliche Konzert überreicht, obwohl er es beim Lauschen an der Tür erwischt hat woraufhin sich das Mädchen sofort in ihn verliebt. Paganini ist auch der treu sorgende, allein erziehende Vater seines mit ihm reisenden Sohnes Achille, und vor allem ist er der Musiker, der mit napoleonischem Gestus in die Herzen seiner Hörer die Saat der Freiheit zu säen weiß und ihnen durch sein Spiel die Momente des Glücks beschert, die ihm selbst versagt bleiben.
Funke zieht alle technischen Register, um seine Hauptfigur facettenreich und differenziert zu schildern. Doch je mehr der Autor versucht, die zweifellos aufwändig recherchierten Beschreibungen von historischen Figuren, Konstellationen und Situationen zu einer dichten Romanhandlung zu weben, desto starrer und statischer gerät seine Schilderung von Paganinis Aufenthalt in Dresden. Der hölzerne Eindruck verfestigt sich durch den angestrengten Einsatz erzähltechnischer Mittel, durch italienische Einsprengsel, die Paganinis Sprache Authentizität verleihen sollen, durch rhetorische Redundanzen und den verschwenderischen Gebrauch von Adjektiven und klingenden Alliterationen, etwa bei der Beschreibung von Paganinis Augen als einem Feuerwerk aus Funkeln und Fackeln.
Hier wäre weniger mehr gewesen, denn ob der Fülle der Technik erlahmt das Interesse des Lesers am Erzählten. Leider, denn die biografischen Eckdaten Paganinis hätten womöglich Sprengkraft für ein zündenderes Erzählfeuer liefern können.
Beate Tröger