Lehár, Franz
Der Sterngucker
Franz Lehárs Operette Der Sterngucker wurde 1916 uraufgeführt, zwischen Endlich allein (dem späteren Schön ist die Welt) und Wo die Lerche singt, zu einem Zeitpunkt, als der Komponist längst in seinem Genre etabliert war. Doch dieses Stück blieb weitgehend unbekannt: Vielleicht, weil sich Lehár nicht an dem aus dem Rahmen fallenden Libretto erwärmen konnte; es war ein Frühwerk von Fritz Löhner, der mit dem Land des Lächelns später dem Komponisten einen Haupttreffer zuspielte und der als Beda in den zwanziger Jahren viele der geistreichsten Nonsens-Texte verfasste (Ausgerechnet Bananen).
Aber ein Stück, in dem sich schon im 2. Akt alle Verwicklungen lösen, lange vor dem eigentlichen Happy End, und in dem der Hauptdarsteller ein versponnener Astronom und (zunächst) eingefleischter Junggeselle ist, ließ wohl den Komponisten recht unentschlossen zurück. Sein Personalstil wird nur an einigen Stellen erkennbar, sonst könnte vieles auch von Fall oder Eysler stammen (abgesehen von Anklängen an die klassische Wiener Operette). Auch eine beabsichtigte Belebung des Librettos durch Alfred (nicht Arthur!) Maria Willner half nicht weiter. (Löhner und Willner waren übrigens beide promovierte Juristen.) Erst die Übertragung der Musik in ein italienisches Libretto (La danza delle libellule, Mailand 1922) führte zum Erfolg.
Der Aufnahme wurde die zweite, die Willner-Fassung, zugrunde gelegt, weil von der ursprünglichen kein verwendbares Material mehr existiert. Die Musik ist einfallsreich und unsentimental mit viel Walzerschwung. Durchgesetzt haben sich nur das Tanzduett Lieber, guter Teddybär aus dem 2. Akt und das Lied vom Sterngucker. Einprägsam ist auch ein anderes Duett, Nur dir will ich alles sein (2. Akt), mit dem Claudia Rohrbach und Robert Wörle auch gesanglich einen Höhepunkt setzen. Markus Köhler ist ein angenehmer, sprechgenauer Bariton. Die Titelrolle, natürlich auch als Sterngucker ein Tenor, singt Lothar Odinius. Auch die anderen Rollen sind gut besetzt. Chor gibt es keinen und als Orchester spielt die Deutsche Kammerakademie Neuss unter ihrem Leiter (und Gründer) Johannes Goritzki. Das Beiheft enthält einen sehr informativen Beitrag von Stefan Frey.
Als Bonus Track gibt es eine Rarität: die Ouvertüre zu Lehárs Einakter Rosenstock und Edelweiß, mit dem der Komponist 1912 (wie vor und nach ihm viele seiner Kollegen) einen Beitrag für das Wiener Kabarett-Theater Die Hölle lieferte. Er behandelt eine Romanze zwischen einem jüdischen Sommerfrischler und einer Sennerin in Ischl, worauf das Libretto von Julius Bauer Bezug nimmt: sie jodelt, er jüdelt.
Karl Robert Brachtel