Rüdiger, Wolfgang
Der musikalische Körper
Ein Übungs- und Vergnügungsbuch für Spieler, Hörer und Lehrer
Musik befähigt den Künstler Seelisches, Emotionales und Geistiges zum Ausdruck zu bringen und dadurch Veränderungen im Befinden seines Publikums hervorzurufen. Jede Klangerzeugung wird von seinem Körper lebendig geformt allein schon durch seinen Atem, Herzschlag und seine Bewegungen. Jeder Notentext und jedes Improvisationskonzept regt seinerseits den Körper des Musizierenden zu Empfindungen und Bewegungen an, die spielend oder singend in Musik verwandelt werden wollen.
Dies ist das Thema von Wolfgang Rüdiger, Professor für Musikpädagogik an der Musikhochschule Düsseldorf und Fagottist im Ensemble Aventure Freiburg. Sein Buch Der musikalische Körper wurde von ihm aus dem eigenen Musik-Erleben entwickelt. Das Spektrum reicht vom Erleben der Lust musikalischen Atmens über musikalischen Gesten- und Affektreichtum bis hin zur Ensemblekultur. Es liefert uns zahlreiche Übungen zu Atem und Haltung, Anregungen zur Improvisation und zu Aspekten der Interpretation für ein erfülltes Musizieren.
Hier wird fundiertes Material geboten, in sich thematisch rund. Der Autor bedient sich für die Erklärung seiner wohltuenden Übungen und Erkenntnisse einer anspruchsvollen Sprache. Es gibt zwar Notenbeispiele, aber leider fast keine Illustrationen. Der Text ist auf 160 eng beschriebenen Seiten relativ klein gedruckt.
Unterschiedlichste Werkauszüge werden von Wolfgang Rüdiger detailliert erläutert. So wird auch die Neue Musik essenziell einbezogen. Er leitet wichtige, erlebte und gelebte, sehr musikalisch-körperliche Zusammenhänge aus den Musikbeispielen ab und verdeutlicht sie. Beispiele aus aktuellen Produkten anderer zeitgenössischer Künste wie Film und Literatur stellen einen Bezug zu unserer Erlebniswelt her. Obwohl so manche Körperübung schon bekannt ist aus Atempädagogik, Alexandertechnik, Feldenkrais-Methode, Dispokinesis und anderen Körperschulungsformen, wird sie doch sehr schön neu beschrieben und dabei mit Eigenem ausgestattet, z.B. mit Gedichten und Liedtexten, die die Vorstellung anregen. Auch dadurch ist dieses Vergnügungsbuch eine wahre Fundgrube.
Das Buch richtet sich an Spieler und an Lehrer an Musikschulen, Schulen und Hochschulen. Den außerdem im Titel genannten Hörern dürfte es wohl in weiten Teilen nur schwer verständlich sein, wenn sie nicht in der Musiktheorie fest im Sattel sitzen. Den größten Nutzen bringt es wohl, wenn es den Unterricht mitbestimmt. Im Spiel mit den kreativen Ideen kann herrlich Neues entdeckt werden. Überlegungen und Übungen zur Körper- und Bewegungsbewusstheit sind heute ein unverzichtbarer Baustein jeder Instrumentalausbildung.
Barbara Rosnitschek