Hausen, Dirk

Der Hornist Franz Strauß

Eine Künstlerbiographie im Spiegel der kulturgeschichtlichen Entwicklung Münchens im 19. Jahrhundert

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Rombach, Freiburg 2017
erschienen in: das Orchester 07-08/2017 , Seite 61

Natürlich wird der Strauss-Liebhaber hellhörig und neugierig, wenn die erste Biografie über Franz Strauß, den Vater des Komponisten Richard Strauss, angekündigt wird, der als einer der besten Hornisten seiner Zeit galt und eine Autorität im Musikleben von München war.
Beim vorliegenden Buch von Dirk Hausen handelt es sich um ei­ne Dissertation. Das Thema bietet sich für den Autor geradezu an; denn er ist nicht nur Musikwissenschaftler, sondern auch studierter Hornist. Und da in die Zeit des Wirkens von Franz Strauß der Übergang vom Natur- zum Ventilhorn fiel, konnte Hausen auch diesen Aspekt in seiner Arbeit näher beleuchten. Über Franz Strauß (sein Sohn Richard schrieb seinen eigenen Nachnamen später nicht mehr mit „ß“, sondern mit Doppel-s) gab es bisher nur wenige Publikationen, meist in Form von Zeitschriftenaufsätzen. Für die vorliegende Biografie konnte der Autor zahlreiche bisher unveröffentlichte Quellen einsehen, vor allem Briefe von Franz an seine Kinder Richard und Johanna.
Franz Strauß wurde 1822 in der Oberpfalz geboren und wuchs bei seinen Großeltern und bei seinem Onkel auf. Sein Großvater war angesehener Türmermeister, was auch als musikalisch anspruchsvoller Beruf galt. Hier lernte Franz schon als kleines Kind mehrere Instrumente spielen. Es muss eine sehr harte Kindheit gewesen sein, mit häufiger Nachtwache im Turm und regelmäßigen Tanzmusik-Auftritten. Im Alter von 15 Jahren kam er nach München und durfte als Gitarrist im Ensemble von Herzog Maximilian spielen.
Seine außergewöhnlichen Fähigkeiten als Hornist ermöglichten ihm eine Anstellung im Orchester der Münchner Hofoper, zuerst als „Eleve“ ohne Bezahlung, dann als „Königlicher Hofmusiker“. Hausen schildert in seinem Buch nicht nur Strauߒ Wirken an der Hofoper, sondern auch seine Tätigkeit als Solist, als Professor für Horn und als Leiter des noch heute existierenden Laienorchesters „Wilde Gungl“. Immer wieder beeindruckt die Vielseitigkeit des Musikers: Als er wegen seines Asthmas vorübergehend nicht Horn blasen konnte, wirkte er zwei Spielzeiten als Bratscher im Hofopernorchester mit. Und Jahre später half er kurzfristig auch als Posaunist aus.
Selbstverständlich geht der Autor auch detailliert auf die persönlichen Umstände von Franz Strauß ein, den frühen Tod seiner ersten Frau und seiner ersten beiden Kinder, die Heirat mit Josephine Pschorr und die Förderung seines Sohnes Richard. So entsteht ein in allen Bereichen überzeugendes, differenziertes Porträt dieses im Umgang nicht einfachen Künstlers.
In das Buch eingefügt sind drei Exkurse über Franz Strauß als Komponist. Er hinterließ ca. 60 Werke, überwiegend natürlich für sein Instrument Horn (leider sind die Noten­beispiele ohne Lupe kaum lesbar).
Schade ist es, dass in dem ganzen Buch nicht ein einziges Foto von Franz Strauß abgebildet ist. Das ist für eine Dissertation zwar nicht nötig, wäre für die Käufer dieser ausgezeichneten Biografie aber sicher mehr als nur ein „Schmankerl“.
Thomas Lang